Zum Slogan „Frauen ins Amt“ hätte der Autor der Pastoralbriefe (1–2 Tim; Tit) eine sehr klare Meinung gehabt. Diese Gruppe von Briefen im Neuen Testament ist berüchtigt für eine Position, der man das Attribut „frauenfeindlich“ nicht gut absprechen kann. Besonders deutlich wird das in 1 Tim 2,9–15, einem Text, der von Frauen zunächst – wie von Männern – Besonnenheit und Anstand einfordert, dann aber auch Unterordnung und Stillschweigen, der jede Lehrtätigkeit von Frauen kategorisch ausschließt und zur Begründung auf Adam und Eva zurückgeht, der schließlich das Heil für Frauen vor allem im Gebären von Kindern sieht (so auch 1 Tim 5,14).
Frauen in kirchlichen Ämtern sind für diesen Autor schlichtweg ein Unding. Auch in 1 Tim 5,3–16 zieht er heftig vom Leder, um die seelsorgerliche Tätigkeit von Witwen zu beschränken.
Leitung durch ein Kollegium
Auch wenn der 1. Timotheusbrief nicht von Paulus selbst verfasst ist, gehört er doch zum neutestamentlichen Kanon. Es mag ein schwacher Trost sein, dass der Autor in 1 Tim 5 nicht nur die Witwen ins Visier nimmt, die in vielen frühchristlichen Gemeinden eine organisierte Gruppe mit pastoralem Auftrag waren, sondern auch die Ältesten (griechisch: presbýteroi, davon das deutsche Wort „Priester“, „Presbyter“) etwas prekär dastehen lässt (1 Tim 5,17–22).
Ein Kollegium von Ältesten war in neutestamentlicher Zeit häufig für die Leitung und auch die Finanzen einer Gemeinde verantwortlich. Das Modell „Leitung durch ein Kollegium“ ist in mehreren Texten des Neuen Testaments (Apostelgeschichte, Jakobusbrief, 1. Petrusbrief) und auch darüber hinaus bezeugt. Bis etwa zur Mitte des zweiten Jahrhunderts war es wohl weit verbreitet. Gelegentlich werden die Presbyter auch als „Episkopen“ bezeichnet (griechisch: epískopos: Aufseher, Überwacher; davon das deutsche Wort „Bischof“), es bleibt aber eine Gruppe von mehreren Amtsträgern.