Gut gemeint ist nicht gleich gut

Kiley Reid: Such A Fun Age

Die farbige Babysittern Emira erregt Verdacht, als sie mit der Tochter ihrer weißen Arbeitgeber durch einen Supermarkt bummelt.

© David Goddard

Spätabends ist im Biomarkt nicht allzu viel los und deswegen fällt einer „besorgten“ Kundin die junge schwarze Frau mit dem weißen Kind als verdächtig auf. Weder mit ruhigen Erklärungen noch mit wütender Empörung kann Emira Tucker den herbeigerufenen Wachmann davon überzeugen, dass sie die Babysitterin des kleinen Mädchens ist. Das schafft erst der herbeigerufene Vater.

Aus diesem haarsträubenden und gleichzeitig erschreckend realistischen Anfangsszenario entwickelt Kiley Reid die komplexe Beziehungsgeschichte zweier Frauen im heutigen Philadelphia. Alix ist eine ist eine wohlhabende, weiße Geschäftsfrau, die Emira für einen geringen Lohn als Kindermädchen beschäftigt. Der Tumult im Supermarkt bringt sie zum Grübeln, sie hält sich für völlig frei von irgendwelchen rassistischen Einstellungen und fürchtet aber  um ihren tadellosen Ruf als aufrechte Demokratin und ihren beruflichen Erfolg.

Ihre Versuche, Emira nun in ihre Familie zu integrieren und sie vor einem vermeintlich schlechten Freund zu schützen, laufen ins Leere. Dass sich der Bildungsgrad dieser beiden Frauen nur marginal unterscheidet ist ein entlarvendes Detail. Der Roman ist eine Geschichte über Alltagsrassismus und Privilegien im heutigen Amerika, die mit einer verführerisch unterhaltenden, manchmal absurd komischen und gleichzeitig gnadenlos entlarvenden Erzählweise überzeugt. Der Debütroman der farbigen Schriftstellerin kam 2020 auf die Longlist des Booker-Prize und war in den USA ein Sensationserfolg.


Buchtipp

Kiley Reid: Such A Fun Age

Ullstein, 351 S.

22 € inkl. MwSt.

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