Adveniat Weihnachtsaktion

Kein Überleben ohne Land

Landraub, Armut, Corona - Das Lateinamerika-Hilfswerk Adveniat rückt unter dem Motto „ÜberLeben auf dem Land“ die Sorgen und Nöte der Landbevölkerung Lateinamerikas in den Blickpunkt.

Gloria Lara (rechts) mit ihren Enkelkindern freut sich über den Besuch von Padre Melo. © Adveniat/Jürgen Escher

Die Berge schimmern in allen Schattierungen von Grün: Wald, Palmen, Bananenstauden. Dazwischen liegt ein kleines Feld, auf dem einige Männer in gebückter Haltung den Boden umpflügen. Auf ihren paar Hektar Land, die wie eingezwängt zwischen den großen Plantagen liegen, pflanzen sie Mais und Bohnen an. Am Feldrand plärrt ein kleines batteriebetriebenes Radio. Die Arbeit ist hart, der Ertrag mager. Und das Wenige muss auch noch zwischen allen aufgeteilt werden.

Das fruchtbare Ackerland um sie herum gehört Großgrundbesitzern, die hier Palmöl, Bananen und Kaffee anbauen. „Wir können froh sein, dass wir wenigstens etwas ernten, dass wir überhaupt Land haben“, sagt Pedro Muñoz. Der ausgemergelte Mann lebt in El Pital, einem Dorf im Nordosten von Honduras, eine Stunde zu Fuß von dem Gemeinschaftsfeld entfernt. Dicht gedrängt wohnen die Menschen hier zwischen den Bergen, viele Häuser stehen am Hang. Alle Dorfbewohner sind Bauern, viele von ihnen besitzen kein eigenes Land. Sie arbeiten auf den umliegenden Plantagen.

Besetztes Land

Der karge Lohn reicht kaum aus, um ihre Familien zu ernähren. „Von den zehn Kindern, die Gott mir schenkte, habe ich acht großziehen können. Ein Wunder! Denn ich hatte nur dünne Bohnensuppe und manchmal Reis“, erzählt Gloria Lara, Pedro Muñoz’ Frau. „Geld, um etwas zu kaufen, habe ich bis heute nicht.“ Sie sitzt auf einer wackeligen Bank vor ihrem einfachen Lehmhaus. Im Vergleich zu vielen anderen hatte sie Glück: Ihr Mann erbte einen Anteil des Gemeinschaftslandes von seinem Vater, der es in den 1980er-Jahren zusammen mit anderen Dorfbewohnern besetzt hatte.

Damals war es in Honduras möglich, nicht bewirtschaftetes Land zu enteignen und an Landlose zu übertragen. In der Praxis wurde das Land jedoch häufig nur vergeben, wenn die Bauern selbst die Initiative ergriffen und es besetzten. 1992 erließ die honduranische Regierung dann aber ein Gesetz, das den Verkauf von Land erlaubt, das Kleinbauern-Kooperativen wie der von Pedro Muñoz gehört. Zudem erschwert das Gesetz den Zugang zu ungenutztem Land. Seitdem werden besetzte Landstriche immer wieder von Militär und Polizei geräumt. „Wir haben große Angst“, sagt Pedro Muñoz. „Was sollen wir unseren Kindern und Enkeln hinterlassen?“

Adveniat-Weihnachtsaktion 2020


Trotz Landflucht lebt jeder Fünfte in Lateinamerika und der Karibik auf dem Land. Das bedeutet häufig auch, abgehängt und ausgeschlossen zu sein. Und dann kam heuer auch noch Corona. Das Virus trifft mit der Landbevölkerung auf eine besonders verletzliche Gruppe von Menschen, deren Immunabwehr aufgrund ihrer Armut, der chronischen Leiden an Infektionskrankheiten sowie ihrer schlechten Ernährungssituation bei einer Infektion schnell überfordert ist. Deshalb rückt das Lateinamerika-Hilfswerk Adveniat mit seiner diesjährigen Weihnachtsaktion unter dem Motto „ÜberLeben auf dem Land“ die Sorgen und Nöte der armen Landbevölkerung in den Blickpunkt. Schwerpunktländer sind Argentinien, Brasilien und Honduras. Die Weihnachtskollekte am 24. und 25. Dezember in allen katholischen Kirchen Deutschlands ist für Adveniat und die Hilfe für die Menschen in Lateinamerika und der Karibik bestimmt.

Mehr als die Hälfte der vier Millionen honduranischen Kleinbauernfamilien lebt in absoluter Armut, rund 300.000 von ihnen haben keinen Zugang zu Land. Deswegen verlassen viele, vor allem Jüngere, ihre Heimat. Von 100 Migranten stammen 87 aus ländlichen Regionen. Sie suchen in den Städten ihr Glück oder verlassen Honduras Richtung USA.

Zusammen sind sie stark

„Die Menschen auf dem Land spüren die Konsequenzen unserer korrupten und kriminellen Regierung am stärksten. Sie leiden an Mangelernährung, Hunger, Krankheiten, Arbeitslosigkeit, Wassermangel“, erklärt Padre Ismael Moreno Coto, besser bekannt als „Padre Melo“. „Deswegen haben wir bei Radio Progreso die Aufgabe, diese Menschen zu verteidigen, ihnen eine Stimme zu geben.“ Der Priester ist der Leiter des mittlerweile fast einzigen unabhängigen Radiosenders, der im ganzen Land empfangen werden kann. Regelmäßig besuchen er und seine Mitarbeiter ländliche Gemeinden, um über die Situation vor Ort zu berichten.

Unterstützung erhalten sie dabei vom Lateinamerika-Hilfswerk Adveniat. Und zusammen sind sie stark: 400 Bürger von El Pital setzten mit Protesten und Straßensperren durch, dass die Regierung die Zugangsstraße zum Dorf ebnete und eine Gesundheitsstation sowie elektrisches Licht genehmigte. „Wir möchten auf dem Land leben. Das Leben hier ist hart, aber wir helfen uns gegenseitig und kämpfen zusammen“, sagt Gloria Lara. Ihr Kampf geht weiter. (Christina Weise, Mitarbeiterin von Adveniat.)

Unterstützen Sie mit ihrer Spende die Adveniat-Weihnachtsaktion 2020
Spendenkonto bei der Bank im Bistum Essen
IBAN: DE03 3606 0295 0000 0173 45 oder unter www.adveniat.de

Dieser Artikel gehört zum Schwerpunkt Advent & Weihnachten