Buch gegen Rassismus

Katholischer Kinder- und Jugendbuchpreis für „Völlig meschugge“

In der Graphic Novel „Völlig meschugge?!“ geht es um rassistische Vorurteile und die Kraft der Freundschaft. Die Deutsche Bischofskonferenz hat das Buch ausgezeichnet.

Schriftsteller Andreas Steinhöfel und Comic-Zeichnerin Melanie Garanin sind mit dem Katholischen Kinder- und Jugendbuchpreis ausgezeichnet worden. © SMB/Bierl

Benny hat jüdische Eltern und will sich zu seinem Glauben bekennen., Hamid ist ein muslimisches Flüchtlingskind aus Syrien. Charlie eine engagierte Naturschützerin und aus ihrer Sicht wird eine Geschichte erzählt, die sich dramatisch zuspitzt. Etwa zwölf Jahre sind sie alle drei alt und müssen in ihrer Schule und in ihrem Umfeld plötzlich mit Neid und Mobbing, Bedrohung und Rassismus, Religion und Gewalt zurechtkommen. Daran zerbricht fast ihre Freundschaft. Als Benny in Lebensgefahr kommt, halten sie aber doch zusammen. Das ist die Kurzversion von „Völlig meschugge“, das am Donnerstagabend in Erfurt den Katholischen Kinder- und Jugendbuchpreis erhielt.

Kraft der Freundschaft steht im Mittelpunkt

Über das Thema gebe es viele komplizierte Bücher und Lehrinhalte, erklärt Melanie Garanin. Zusammen mit dem Schriftsteller Andreas Steinhöfel hat die 51-jährige Comic-Zeichnerin diese Graphic Novel verfasst: „Aber ich glaube, dass es wichtig ist, Kindern solche Situationen einfach und unterhaltsam nahe zu bringen.“ Ihr Co-Autor Steinhöfel nickt entschlossen. „Ich schreibe seit 30 Jahren und immer wieder fordere ich in meinen Büchern Kinder neu dazu auf: Leute, bevor ihr euch die Köpfe einschlagt, redet miteinander.“ Er sei selbst in „so einer Art Sprachlosigkeit aufgewachsen, wo fast alle Konflikte daraus erwuchsen, dass darüber nicht gesprochen wurde“. In „Total meschugge“ retten Charlie und Hamid ihren Freund Benny dagegen dadurch, dass sie sich gegenseitig von ihren Ängsten und auch von ihrem Versagen offen erzählen. Und sie verwandeln das Reden in Mut und Tatkraft. 

Ihr ernstes Thema schildern Melanie Garanin und Andreas Steinhöfel in einem temporeichen Stil, der Leserinnen und Leser packt und mitreißt. Auch Weihbischof Robert Brahm: „Es ist tatsächlich ein Buch, dass die unschlagbare Kraft der Freundschaft in den Mittelpunkt stellt“, sagt der Jury-Vorsitzende des Katholischen Kinder- und Jugendbuchpreises. Es habe ihn beeindruckt, wie diese beiden Jungen und das Mädchen „durch ein Tal gehen und sich diese Freundschaft gerade darin bewährt, auch wenn es schwierig ist.“

Bücher mit Mehrwert für Kinder

Ein Buch, das genau ins Profil des Katholischen Kinder- und Jugendbuchpreises passe. Der verfolge das Ziel, „gute Literatur auszuzeichnen, die für den kindlichen Alltag einen Mehrwert bringt, mit Gedanken vertraut macht, die fürs Leben wichtig sind“, erläutert Claudia Pecher, die im katholischen Bildungs- und Büchereiverband Sankt Michaelsbund arbeitet. Gleichzeitig ist sie Präsidentin der Deutschen Akademie für Kinder- und Jugendliteratur. Als Jurymitglied hatte sie unter 177 Einsendungen auszuwählen, die sich um den Preis bewarben. 15 kamen in die nähere Auswahl und auf eine Empfehlungsliste. Selbstverständlich sei für die Jury die literarische Qualität ausschlaggebend, so Pecher, „aber es wird schon geschaut, welche Werte sind denn in einem Buch vertreten und sind die vereinbar mit dem, was wir unter christlichen Glauben verstehen“.  

Die ist in „Völlig meschugge“ gewiss der Fall, obwohl die Graphic Novel eine Geschichte erzählt, in der das Christentum gar nicht ausdrücklich vorkommt. Melanie Garanin war deshalb fast ein wenig überrascht, dass sie gerade einen Katholischen Literaturpreis gewonnen hat. Die Zeichnerin hat ihn nicht allein wegen des Preisgeldes in Höhe von 5.000 Euro gerne angenommen: „Mir bedeutet die Auszeichnung sehr viel, weil ich selbst katholisch erzogen wurde, und die Werte, die die Kirche grundsätzlich vermittelt, sind absolut gut.“

„Völlig meschugge“: Aufruf für Versöhnung und Toleranz

„Völlig meschugge“ ist vor allem ein starker und einfühlsamer Aufruf für Versöhnung mit dem Andersartigen und Toleranz für das Fremde. Für Autor Andreas Steinhöfel ist das selbstverständlich ein durch und durch katholisches Anliegen. Auch wenn das in der übrigen Gesellschaft oft nicht wahrgenommen wird. „Also ich mag das nicht, wenn immer so getan wird, als seien die Katholiken unglaublich konservativ oder gar reaktionär, das sind sie überhaupt nicht.“ Und der 61-jährige Schriftsteller freut sich darüber, „dass dieser Kinder- und Jugendbuchpreis genau solche Vorurteile ausräumt“. Er zeige, dass die Kirche der Gesellschaft und Andersgläubigen „die Hände reicht und in den Dialog geht, das wertet mein Bild von der katholischen Kirche enorm auf, auch wenn ich selbst mit dem Glauben gar nicht viel am Hut habe.“ Steinhöfel weiß es zu schätzen, dass da eine Institution am selben Strang zieht wie er. Und ein Buch wie „Völlig meschugge“ auszeichnet, das Kindern ab zehn Jahren Mut macht kann, zu sich selbst zu stehen und zu dem, was sie als richtig erkennen. Dazu zählt andere zu verteidigen und Freundschaft mit ihnen zu halten, selbst wenn das unbequem ist, weil sie aus einer anderen Kultur kommen und sich zu einer anderen Religion bekennen.  

Buchtipp

Steinhöfel, Andreas: Völlig meschugge?!

Charly, Benny und Hamid. Seit Ewigkeiten befreundet. Mittlerweile (Pre-)Teens. Charly ist begeisterte Umweltschützerin, Benny fasziniert von Höhlen und Hamid talentierter Comiczeichner. Ich-Erzählerin Charly berichtet in sechs Kapiteln von dem Freundschaftsdrama zwischen den dreien, bei dem plötzlich Dinge zwischen ihnen stehen.

20 € inkl. MwSt.

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Der Autor
Alois Bierl
Chefreporter Sankt Michaelsbund
a.bierl@michaelsbund.de