Bischof Zdarsa zu 25 Jahren Einheit

Katholische Weite endlich am eigenen Leib erfahren

Heute ist Konrad Zdarsa Bischof von Augsburg, 1990 war er Pfarrer von Freital in Sachsen. Die Wiedervereinigung war für ihn ein Tag der Freude, auch wenn er sich beim Studium in Rom mit westdeutschen Akademikern nicht immer so gut verstanden hatte. Was der Bischof heute fordert, lesen Sie hier.

Bürger feiern in der Nacht vom 3. Oktober 1990 die deutsche Einheit vor dem Brandenburger Tor. (Bild: imago/imagebroker) © imago/imagebroker

München/Augsburg – Den Festakt zur deutschen Wiedervereinigung am 3. Oktober 1990 hat Bischof Konrad Zdarsa am Fernseher oder Radio mitverfolgt – so genau kann er sich gar nicht mehr daran erinnern. Bewegender und „aufwühlender“ war für ihn die Grenzöffnung am 9. November 1989 mit den nachfolgenden Ereignissen. Dennoch sei der Tag der Einheit „uneingeschränkt ein Tag der Freude“ für ihn gewesen. „Wir haben uns gefreut, dass dieses alte Regime zusammengebrochen war und abgewirtschaftet hatte“, so Zdarsa gegenüber den Münchner Kirchennachrichten. Die Gläubigen hätten endlich die Möglichkeit gehabt, „katholische Weite lebendig zu erfahren“. Mit einem Zulauf für seine Kirche nach der Wiedervereinigung habe er damals aber nicht gerechnet. Er habe sogar festgestellt, dass Leute, die in den Osten zogen, dies zum Anlass nahmen, um „ohne sozialen Druck“ aus der Kirche auzutreten.

Ost-West-Problematik

Da Bischof Zdarsa wegen der Herkunft seines Vaters auch die österreichische Staatsbürgerschaft besitzt, war er zu DDR-Zeiten nicht von Reisebeschränkungen betroffen. Beim Studium an der Päpstlichen Universität Gregoriana in Rom verstand er sich mit den Studenten aus Mittel- und Südamerika oft besser als mit Akademikern aus der BRD. Bei Gesprächen mit ihnen habe sich viel um die Ost-West-Problematik gedreht. Dass er zu Weihnachten etwa immer gerne in die sächsische Heimat gefahren ist, sei bei seinen westdeutschen Kommilitonen auf Unverständnis gestoßen. „Man erschien als Vertreter dieses Systems, nur weil man von daher kam“, erklärt Zdarsa. „Dabei war der Himmel in der DDR genau so blau und wir haben nicht dauernd an die Mauer gedacht.“ Gerade das Lachen habe einen auch sehr entlastet. Dennoch will der Bischof die Zeit im Rückblick „nicht vergolden“. Auch in seinem engsten Kreis habe es Stasi-Spitzel gegeben, wie er später erfahren habe.

Mehr Präsenz in Berlin gefordert

Für das wiedervereinigte Deutschland wünscht sich der frühere Oberhirte von Görlitz ein stärkere kirchliche Vertretung in Berlin. Die Hauptstadt entwickle sich immer mehr zu einem Zentrum aller Couleur, „so dass auch die katholische Kirche ihre feste Präsenz dort haben muss und auch ihre Verkündigung“, so Zdarsa.

Zu seiner sächsischen Heimat fühlt sich der Bischof weiter stark hingezogen. Erst kürzlich besuchte er im Urlaub wieder mal Görlitz und Dresden. „Wenn ich die Leute sprechen höre, nicht das breite Sächsisch, sondern den Dresdner Sound, dann merke ich: hier bist du immer noch irgendwie verwurzelt.“ (ksc)