Zölibat

Katholiken streiten über Ehelosigkeit von Priestern

Alle Argumente sind eigentlich längst ausgetauscht. Geändert hat sich seit Jahrhunderten nichts. Dennoch gibt es einen Grund, warum jetzt wieder über den Zölibat diskutiert wird.

ZdK-Präsident Thomas Sternberg (Bild: KNA-Bild) © KNA-Bild

Bonn/Augsburg – Angesichts eines Mangels an Priestern in der katholischen Kirche fordert das Zentralkomitee der deutschen Katholiken (ZdK) Reformen bei der verpflichtenden Ehelosigkeit der Geistlichen. "Wenn es nicht mehr anders geht, dass wir personell in der Seelsorge ausbluten, und wenn es so ist, dass der Zölibat ein Hindernis darstellt, dann muss er, weil weniger wichtig, gelockert werden", sagte ZdK-Präsident Thomas Sternberg der "Augsburger Allgemeinen" (Montag).

Der Direktor des Freiburger Zentrums für Berufungspastoral der Deutschen Bischofskonferenz, Michael Maas, zeigte sich in einem Interview des Portals katholisch.de skeptisch gegenüber einem solchen Schritt, räumte aber zugleich ein: "Der Zölibat hat definitiv seinen Wert und erwächst aus dem Evangelium, ist aber kein Dogma." Schwieriger sei es bei einer Zulassung von Frauen zum Priesteramt, "weil sich hier auch die Päpste Johannes Paul II. und Franziskus eindeutig dagegen ausgesprochen haben".

Hoher Altersschnitt

Im vergangenen Jahr wurden in ganz Deutschland 58 Männer zu katholischen Priestern geweiht. Schon jetzt fehlten jüngere Pfarrer, um Pfarreien zu besetzen, "zugleich haben die heutigen Priester einen sehr hohen Altersschnitt", sagte der ZdK-Präsident der "Augsburger Allgemeinen". Die Situation werde sich künftig "in drastischer Weise" verschärfen.

"Wir haben jetzt schon sehr gute und engagierte Diakone - das sind verheiratete Männer. Warum in aller Welt sollen sie nicht zu Priestern geweiht werden?", fügte Sternberg hinzu. "Das könnte schnell und zügig entschieden werden." Ebenfalls forderte er die Einführung des Diakonats der Frau, um die Seelsorge in den Gemeinden auf eine breitere Basis zu stellen.

Krise des Glaubens

Michael Maas, selbst Priester, bezeichnete im Interview von katholisch.de den Mangel an Seelsorgern als ein Symptom für eine tiefer reichende Glaubenskrise in der Gesellschaft. "Das kirchliche Leben blüht nicht." In vielen Gottesdiensten seien die "zwei bis drei Messdiener" die einzigen jungen Menschen. "Und wir müssen hoffen, dass sich aus dieser sehr kleinen Gruppe dann noch jemand dazu entscheidet, Priester zu werden", so Maas. "Zuallererst muss also die kirchliche Jugendarbeit, das Glaubensleben in den Familien und damit die Beziehung junger Menschen zu Jesus Christus gestärkt werden." (KNA)

"Zölibat" bezeichnet die aus religiösen Gründen gewählte Ehelosigkeit. Der aus dem Lateinischen stammende Begriff umschreibt die Verpflichtung der katholischen Priester zur Ehelosigkeit und einem Leben in Keuschheit. Begründet wird der Zölibat mit dem Hinweis darauf, dass sich ein geweihter Geistlicher radikal dem Dienst an Gott und den Menschen verpflichtet. Daneben gibt es praktische und theologische Begründungen.

Aus der Bibel lässt sich der Zölibat nicht direkt ableiten, auch wenn an mehreren Stellen des Neuen Testaments das ehelose Leben in der Nachfolge Christi angesprochen wird. Erste rechtliche Bestimmungen reichen ins vierte Jahrhundert zurück. 1139 wurde die Zölibatsverpflichtung zum Kirchengesetz, als das Zweite Laterankonzil Priesterehen für nichtig erklärte. Die römische Kirche hat seitdem grundsätzlich daran festgehalten, auch wenn es noch Jahrhunderte dauerte, bis sich die Zölibatsdisziplin in der Kirche des Westens durchsetzte.

Vorstöße, die Zölibatsverpflichtung zu lockern oder aufzuheben, gab es immer wieder. Martin Luther und andere Reformatoren lehnten den Zölibat ab. In den Kirchen der Orthodoxie gibt es die Pflicht zur Ehelosigkeit nur für Mönche und Bischöfe. Dies gilt auch in den mit Rom verbundenen Ostkirchen. Wenn verheiratete Geistliche aus einer anderen Konfession zur katholischen Kirche übertreten und zum Priester geweiht werden, dürfen sie ihre Ehen beibehalten. (KNA)