Auseinandersetzung mit dem Tod

Karfreitag durchbricht Routine

Laut einer Studie glauben weniger als die Hälfte der Deutschen an ein Leben nach dem Tod. Die Frage nach dem ewigen Leben, sollte aber nicht nur mit Ja oder Nein beantwortet werden, so der Jesuit und Psychiater Eckhard Frick.

Der Karfreitag lädt die Gläubigen dazu ein, sich auf den Tod zuzubewegen – inhaltlich, aber auch ganz konkret in der Kreuzverehrung. © mbolina-fotolia.com

Es gibt wohl keinen anderen Feiertag, der so häufig kritisiert wird, wie der Karfreitag. Viele stören sich daran, dass er zu den sogenannten "stillen Feiertagen" gehört. In den meisten Bundesländern herrscht ein Tanzverbot, auch Sportveranstaltungen wie Fußball-Bundesligaspiele finden nicht statt. Doch der religiöse Sinn des Karfreitags ziele genau darauf ab, was viele Menschen störe, so der Jesuit Eckhard Frick. Er leitet Leitung die Forschungsstelle Spiritual Care an der Klinik für Psychosomatische Medizin und Psychotherapie des Münchner Klinikums rechts der Isar.  „Die Auseinandersetzung mit der eigenen Sterblichkeit ist etwas störendes, weil sie unsere Routine unterbricht – so ist das auch mit dem Karfreitag, der ein ganz ungewöhnlicher Tag ist, an dem das Kreuz oder der Tod im Mittelpunkt steht", betont Frick. 

Karfreitag: Sich auf den Tod zubewegen

Als Gesellschaft gelingt es uns scheinbar, uns weiter vom Tod wegzubewegen: Wir sind gesünder, wir leben länger, der Tod spielt im Alltag für die meisten Menschen kaum eine Rolle. Anders am Karfreitag. Er lädt die Gläubigen dazu ein, sich auf den Tod zuzubewegen – inhaltlich, aber auch ganz konkret in der Kreuzverehrung. Vielen Menschen ist das inzwischen suspekt, für Psychoanalytiker Frick aber unvermeidlich. Als "sterbliche Wesen" seien wir dem Gesetz der Vergänglichkeit unterworfen. Dagegen könne man sich auch nicht wie ein trotziges Kind wehren.

Trotzdem scheint es manchmal so, als würde die Gesellschaft mit genau so einem kindlichen Trotz auf den Tod reagieren. Nach dem Motto: was ich nicht sehen will, das ist auch nicht da. Und wer sich nicht mit dem Tod auseinandersetzen will, der muss das auch nicht mit der Frage nach dem Danach: Nur noch knapp 40 Prozent der Deutschen glauben laut einer Befragung des Deutschen Hospiz- und Palliativverbands noch an ein Leben nach dem Tod.

Nachdenken über den eigenen Fußabdruck

Jesuit Frick ist sich aber sicher: Die Zahl ist höher, wenn man nicht nur die klassischen Jenseitsvorstellungen im Blick hat: "Wie die Menschen über ihre Bestattung nachdenken, dass sind ja auch Fantasien über das danach." Es gehöre zum Menschsein dazu, sich zu fragen: "Was wird aus mir, wenn ich nicht mehr bin? Was bleibt von mir? Was will ich hinterlassen? – nicht nur materiell, sondern: was ist mein Fußabdruck auf dieser Erde", sagt Frick.

Die Frage, ob man an ein ewiges Leben glaubt, sollte keine Ja- oder Nein-Frage sein, findet Frick. Sie sei nur Teil einer bewussten Auseinandersetzung mit dem Tod. Und die zeige sich darin, wie man mit verschiedenen Phasen der Trauer umgehe. Der persönliche Glaube könne sich hier auf die psychische Gesundheit auswirken, so der Psychiater. Dabei sei es aber nicht wichtig, eine klare Vorstellung vom Jenseits zu haben. Wichtiger sei, sich im Herzen die Sehnsucht nach Unendlichkeit und Wandlung lebendig zu halten. "Und damit auch die Hoffnung: Ja, ich habe mich in meinem Leben so oft gewandelt, ich werde mich sogar noch im Tod wandeln. Vielleicht ist das sogar die größte Verwandlung, die mir noch bevorsteht", erläutert Frick.

Der Redakteur und Moderator
Korbinian Bauer
Münchner Kirchenradio
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