Korbinianswallfahrt

Kardinal Marx ruft Kirche auf, sich zu öffnen

Nach dem Vorbild des heiligen Korbinians sollte die Kirche keine Institution der Vergangenheit sein, sagte der Kardinal in seiner Predigt im Freisinger Dom. Eher sollten die Gläubigen den Blick für alle Möglichkeiten der Kirche weiten. "Die Geschichte der Kirche ist noch nicht zuende", ist sich der Erzbischof sicher.

Kardinal Marx appellierte an die Wallfahrer, sich zu öffnen und die Kirche allen Menschen näher zu bringen. © Kiderle

Freising — Kardinal Reinhard Marx hat bei der Korbinianswallfahrt auf dem Freisinger Domberg die Kirche dazu aufgerufen, sich zu öffnen und nach vorne zu schauen: „Evangelisierung ist erst dann möglich, wenn wir wirklich der Überzeugung sind, wir haben etwas für die Zukunft zu sagen, und zwar für alle Menschen, nicht nur für uns.“ Gesellschaft und Kirchen befänden sich in einer Umbruchszeit, sagte der Erzbischof von München und Freising bei der Predigt am Samstag, 19. November, im Mariendom: „Wir haben jetzt zu leben, die Augen aufzumachen, unseren Verstand zu aktivieren und auf das Christusereignis zu schauen. Mit ihm sind wir unterwegs und wollen mit seinen Augen auf die Welt schauen.“

Kardinal Marx erinnerte an die Eröffnungsrede des Zweiten Vatikanischen Konzils, in der Papst Johannes XXIII. vor 60 Jahren allen „Unglückspropheten“ eine Absage erteilt habe: „Wir sehen in jeder Zeit die Zeichen des Reiches Gottes, wir sehen auch das Gute, das geschieht. Wir haben die Augen offen, nicht nur im Blick auf die Vergangenheit, sondern auch auf das, was Gott uns noch sagen will. Die Geschichte der Kirche ist doch nicht zu Ende, auch die Glaubensgeschichte nicht“, betonte der Erzbischof: „Wir sind nicht nur die Bewahrer einer Schatztruhe, sondern wir wollen, dass das alles unter die Leute kommt.“

Der Heilige als Vorbild der Offenheit

Der Erzbischof nahm auch Bezug auf den Heiligen Korbinian, der im achten Jahrhundert nach Rom gereist sei und dort einen „Blick in die Weite“ erlebt habe: „Rom hat den Blick geöffnet für die Möglichkeiten, für das Voranschreiten, für das Einbeziehen aller, für die Öffnung der Kultur, des Glaubens, so dass die Menschen erkennen konnten: Der Schritt auf Christus zu ist ein Schritt in die Weite, gibt Kraft und Stärke und Ermutigung.“ Wenn Kirche dagegen als „Institution der Vergangenheit“ gesehen werde, „dann ist sie nicht dieser Motor eines geistlichen und gedanklichen Fortschreitens“, sagte Kardinal Marx, „Es geht nicht um Fortschritt um jeden Preis, es geht darum, die Menschheit weiterzubringen im Denken, im Leben, im Miteinander, im Frieden, in der Weiterentwicklung des menschlichen Zusammenlebens.“

Das Pontifikalamt bildete den Höhepunkt der Korbinianswallfahrt zu Ehren des Heiligen Korbinian, des Patrons der Erzdiözese München und Freising. In seinem Rahmen wurden auch die Korbiniansmedaillen der Erzdiözese für besonderes ehrenamtliches Engagement verliehen. Nach einem Begegnungs- und Bildungsprogramm fand am selben Tag die Korbiniansvesper statt, bei der allen Kindern ein besonderer Segen zugesprochen wurde. Am Vorabend zog eine Lichterprozession von der Kirche Heilig Geist zum Mariendom, wo Weihbischof Bernhard Haßlberger und der evangelische Dekan Christian Weigl eine ökumenische Vesper feierten. (bs)

Jugendkorbinianswallfahrt


Den Auftakt zur Korbinianswallfahrt bildete traditionell die Jugendkorbinianswallfahrt am Wochenende zuvor. Im Rahmen eines Gottesdienstes mit Erzbischof Kardinal Reinhard Marx und einer anschließenden Feier im Domhof wurde in diesem Jahr auch das 80-jährige Bestehen der Jugendkorbinianswallfahrt begangen: Im Jahr 1942, mitten im Zweiten Weltkrieg, machten sich am Namenstag des Heiligen Korbinian erstmals junge Leute auf den Weg nach Freising und beteten für ein Leben in Frieden. (bs)