Am 21. September jährt sich der Todestag von Henri Nouwen bereits zum 25. Mal – dennoch sind viele seiner Bücher nach wie vor lieferbar, der zu Lebzeiten sehr bekannte und vielgelesene Autor spiritueller Literatur ist nach wie vor gefragt und ungebrochen aktuell. Keine Neuauflage, sondern tatsächlich ein neues, also bisher unveröffentlichtes Buch ist das jetzt im Neufeld Verlag erschienene "Jesus nachfolgen", herausgegeben von Gabrielle Earnshaw. Die langjährige Archivarin des Henri Nouwen Archivs hat dafür sechs Vorträge, die Nouwen 1985 in den USA gehalten hatte, von Tonbändern transkribiert.
Nouwen befand sich zu diesem Zeitpunkt vor einer Wegscheide, er war mit seinem Leben trotz seiner sehr erfolgreichen akademischen Karriere als Harvard-Professor unzufrieden und überlegte auch für sich ganz persönlich, was es bedeute, Jesus nachzufolgen - einige Monate später traf er die Entscheidung, seine Professur aufzugeben und als Seelsorger in der Arche-Gemeinschaft in Toronto zu arbeiten, in der Menschen mit und ohne geistige Einschränkungen gemeinsam leben.
Eingeständnis des Autors
Die Texte sind also weit davon entfernt, rein theoretische Überlegungen wiederzugeben, sie beziehen sich ganz auf letztlich unausweichliche lebenspraktische Fragestellungen. So beginnt der erste Vortrag auch sehr direkt mit der Frage: "Folgen Sie Jesus nach?" Dieser herausfordernden Frage folgt aber gleich das Eingeständnis des Autors, das von sich selbst nicht behaupten zu können.
Nouwen macht niemandem einen Vorwurf, Jesus nicht oder zumindest nicht entschlossen genug nachzufolgen - er zeigt vielmehr auf, dass unser Leben nur deswegen oft so ermüdend oder langweilig ist, weil wir ihm nicht das richtige Ziel und keine Richtung geben, weshalb er sich darum bemühe, "uns vom rastlosen Herumwandern weg und zum frohen Nachfolgen hin zu führen". Warum überhören wir aber die Stimme, die uns zur Nachfolge aufruft, so oft? Weil diese Stimme sehr zart und leise ist, denn sie will sich niemandem aufdrängen, "es ist eine Stimme der Liebe, und die Liebe drängt nicht und zieht nicht mit Gewalt".