Die Kunst des Schenkens

Jedes Jahr überraschend

Schenken wird nie zur Routine und Fettnäpfchen gibt es bei der Bescherung reichlich. Aber auch Tipps, wie das Geschenk zum Erfolg wird.

Beim Geschenk zählt vor allem die Geste. © imago images/Sabine Gudath

Das sehnsuchtsvolle Warten auf Weihnachten vergeht fast nirgends so schnell wie bei der Geschenkesuche. Da werden die Wochen plötzlich kurz, die Ideen rar und Gelegenheiten, sich durch die trotz Corona gut gefüllten Geschäfte zu kämpfen, findet man nur mit Mühe. „Fangen Sie rechtzeitig an“, ist da der eine Tipp, den Sybille Loew, Leiterin der Krisen- und Lebensberatung „Münchner Insel“ trotz aller Offensichtlichkeit immer wieder gibt. Zu früh kann man dabei gar nicht dran sein. „Auch im Juni kann man schon die passenden Weihnachtsgeschenke finden“, sagt die 59 -Jährige.

Im Zweifel hilft der Wunschzettel

Doch auch wer im Sommer noch nicht so vorrausschauend geplant hat und Mitte Dezember dann ohne Geschenke dasteht, sollte sich kurz vor Weihnachten nicht zu Panikkäufen hinreißen lassen. „Wenn man einfach nur irgendetwas kauft, kommt das beim Beschenkten nämlich auch so rüber“, warnt Loew. Angesichts mangelnder Ideen ganz auf Geschenke zu verzichten, davon rät die Psychologin Ursula Zeh aber ab: „Denn Geschenke transportieren die Botschaft: Ich mag dich, ich will dir eine Freude machen – da geht es auch um die Geste!“ Und für die darf man sich im Zweifel auch durchaus Hilfe holen. Sich im Vorfeld zu besprechen kann dabei genauso ratsam sein wie ein kleiner Wunschzettel. Der ist auch bei Erwachsenen erlaubt, wenn er nicht als Bestellschein missverstanden wird, und wesentlich sinnvoller als die Erwartung, die Wünsche von den Augen abgelesen zu bekommen. „Wir können einander nicht erraten,“ sagt die Psychologin, „und ein Geschenk auf Wunsch kann trotzdem von Herzen kommen.“

Allgemein rät Ursula Zeh, immer zu bedenken, welche Gefühle das Präsent beim Beschenkten auslösen kann. Vorsicht ist hier bei allen Geschenken geboten, die irgendeine Form von Kritik transportieren könnten. „Ob ich jemandem ein Kochbuch schenke, weil er das unbedingt haben will, oder ich ihm sagen möchte, dass er Kochen lernen sollte, ist einfach ein Riesenunterschied.“ Aber auch die Situation, in der das Geschenk ausgepackt wird, gilt es zu bedenken. „Dem Partner zum Beispiel Sexspielzeug zu schenken, ist vollkommen legitim, solange man es dann nicht vor der ganzen Familie auspacken muss“, rät die Psychologin. Von gebrauchten Gegenständen sollte man grundsätzlich absehen – es sei denn, sie wurden explizit gewünscht. „Viele Menschen schenken außerdem etwas, was ihnen selbst gefällt“, sagt Sybille Loew von der Münchner Insel. Dabei kann man zwar grundsätzlich Glück haben, zugleich bergen solche Geschenke aber auch immer das Risiko, sich am Schenkenden und nicht am Beschenkten zu orientieren.  

Weniger erwarten, mehr wertschätzen

Aber selbst wer es schafft, bis zum Heiligabend alle Geschenke zu besorgen und dabei auf alle Wünsche Rücksicht zu nehmen, ist nicht vor kleinen Familiendramen gefeit, zu denen es dennoch kommen kann, wenn beim Showdown unterm Christbaum vorweihnachtlicher Stress und enttäuschten Erwartungen kollidieren. „Schrauben Sie Ihrer Erwartungen deshalb nicht zu hoch und unterstellen Sie dem Schenkenden unbedingt guten Willen“, rät Ursula Zeh. Wenn nämlich die Geste wertgeschätzt wird, kann man hinterher auch über einen Umtausch reden.

Der Redakteur und Moderator
Korbinian Bauer
Münchner Kirchenradio
k.bauer@michaelsbund.de

Dieser Artikel gehört zum Schwerpunkt Advent & Weihnachten