Ecuador-Partnerschaft

Jeder Dollar zählt

Schnelle und unbürokratische Hilfe: die praktische Partnerschaft zwischen der Kirche in Oberbayern und Ecuador bewährt sich in der Coronakrise. Was aber tun, wenn seit einem Jahr die zwischenmenschlichen Kontakte fehlen?

Pfarrer Martin Schlachtbauer (re.) verteilt Lebensmittel und Hygieneartikel in Quito © privat

München/Quito - „Wir können in Ecuador nicht von einer zweiten oder dritten Welle reden. Es steigt und steigt einfach, die Lage ist schlechter als je zuvor.“ Pfarrer Martin Schlachtbauer lässt keinen Zweifel daran, wie verheerend sich die Corona-Pandemie auf die Menschen in Ecuador auswirkt. Es gebe Wartelisten für Intensivbetten, und Impfstoff sei nur für privilegierte Mitarbeiter im Gesundheitsministerium und deren Familien vorhanden. Bereits vor einem Jahr waren Fernsehbilder um die Welt gegangen, die zeigten, wie in der ecuadorianischen Millionenstadt Guayaquil an der Pazifikküste Corona-Tote vor den Häusern lagen, weil sie nicht abgeholt werden konnten. Das komme immer noch vor, betont Pfarrer Schlachtbauer, der in der Hauptstadt Quito lebt und als Ständiger Vertreter des Erzbistums München und Freising in der Bischofskonferenz des südamerikanischen Landes die langjährige Partnerschaft mit der Kirche in Ecuador koordiniert.

Nothilfe jetzt wichtiger als Projektarbeit

Schuld an der Misere sei die „wahnsinnige Korruption“ im Land. „Man muss sich vorstellen, dass man für Särge und Leichensäcke Überpreise verlangt hat.“ Den Preis für die Korruption zahlten die Armen. Etwa zwei Drittel der Arbeitnehmer seien Tagelöhner oder lebten als Straßenverkäufer von der Hand in den Mund. Die hätten nun kaum mehr Einnahmen und seien auf Lebensmittelpakete angewiesen, um das Überleben ihrer Familien zu sichern. Aber auch Masken und Hygieneartikel zum Schutz vor Corona müssten verteilt werden. Und Schlachtbauer tut, was er kann. Die zwei Millionen Euro, die das Erzbistum jedes Jahr für die Partnerschaftsprojekte zur Verfügung stellt, seien bereits vorzeitig überwiesen und zu einem Notfonds umgewandelt worden, aus dem sich die Diözesen für ihre medizinischen Zentren oder Lebensmittel-Unterstützung bedienen konnten. Geplante Projekte, wie zum Beispiel der Bau von Schulen, seien erst einmal zurückgestellt worden. Auch kleinere Spendenbeträge habe man sofort weitergeleitet. Denn in der Krise zählt jeder Dollar, meint Schlachtbauer.

Kolping setzt auf digitale Stärkung der Partnerschaft

Diese Einstellung hat sich auch das Kolpingwerk im Erzbistum zu eigen gemacht. Die Kolpingsfamilien sammeln seit Ausbruch der Pandemie fleißig Spenden für die Kolping-Geschwister in Ecuador. Schließlich ist es eine spezielle Freundschaft, die sich hier im Lauf der Zeit entwickelt hat. Was zunächst eher technokratisch als Aufbau des Kolpingwerkes in Ecuador begonnen habe, sei heute eine Partnerschaft, die „Hand in Hand“ geht, erzählt Martin Wagner vom Diözesanfachausschuss Eine Welt. Zu Projekten wie dem Kolpinghotel in Quito oder dem Bildungszentrum in Santo Domingo hätten sich bei gegenseitigen Besuchen auch zwischenmenschliche Begegnungen eingestellt, die die Freundschaft unabhängig von der Verbandsarbeit gestärkt hätten. Da stimmt es Wagner, der selbst schon zweimal in Ecuador war, umso trauriger, dass letztes Jahr die Südamerikaner nicht nach Oberbayern kommen konnten, um gemeinsam das 30-Jahr-Jubiläum der Partnerschaft zu begehen. Das soll nun am 10. April mit einer Online-Feier nachgeholt werden. „Vielleicht entdecken wir mit den heutigen technischen Möglichkeiten Dinge, die uns noch stärken“, hofft Wagner. Auch Pfarrer Schlachtbauer ist guten Mutes. Einen Einbruch der Partnerschaft sieht er nicht. Eher einen Wandel, den man weiter positiv gestalten muss.

Der Autor
Paul Hasel
Radio-Redaktion
p.hasel@michaelsbund.de