100. Geburtstag von Sophie Scholl

Herz, Verstand und Wille

Hildegard Kronawitter, Vorsitzende der „Weiße Rose Stiftung“, SPD-Landtagsabgeordnete und stellvertretende Diözesanvorsitzende des Michaelsbundes, hat sich der Erinnerung an Sophie Scholl und ihre Mitstreiter verpflichtet.

Sophie Scholl ist noch heute Vorbild für viele Menschen. © IMAGO/Ralph Peters

mk online: Frau Kronawitter, warum ist es denn heute, mehr als ein Dreivierteljahrhundert nach ihrem Tod, noch wichtig, Sophie Scholls zu gedenken?

Hildegard Kronawitter: Einerseits wegen ihres bewundernswerten Widerstands im Rahmen der Weißen Rose. Andererseits hängt das auch mit ihrer Persönlichkeit als aufgeschlossener und vielseitig interessierter junger Frau zusammen. Sie bewegt heute noch Menschen und ist ihr Vorbild. Unsere Zeit braucht Vorbilder, also Menschen, an denen wir uns hier und heute orientieren können. Die Freiheitsräume, die wir haben, der Rechtsstaat, der die freiheitliche Grundordnung absichert: All das ist mühsam errungen worden, und es ist nicht selbstverständlich, dass es so bleibt – wie wir derzeit von manchen europäischen Ländern wieder gezeigt bekommen. Das Gedenken an Sophie Scholl und die Weiße Rose kann uns daran erinnern, dass eine Demokratie hohl werden kann und dass es Menschen braucht, die sich mit Herz, Verstand und Willen für sie einsetzen.

Wie kann Sophie Scholl heute ein Vorbild für junge Menschen sein?

Kronawitter: Bei den Gestapo-Verhören ist sie nicht ausgewichen. Sie war standhaft, sehr mutig und hat das eigene Leben eingesetzt, um ihre politische Haltung und ihre Kritik am Nationalsozialismus zu vertreten. Ich denke, gerade an ihr lässt sich zeigen, dass auch in einer Diktatur junge Menschen für das, was sie als moralisch richtig erkennen, einstehen.

Das Gedenken anlässlich ihres 100. Geburtstags wird durch die Corona-Pandemie stark eingeschränkt – wie wird trotzdem an Sophie Scholl erinnert?

Kronawitter: Die Weiße Rose Stiftung erinnert auf verschiedene Weise an Sophie Scholl: Wir haben zum einen eine Wanderausstellung, die an ihrem Geburtstag in Ulm sein wird – also der Stadt, in der Sophie Scholl aufgewachsen ist. Andererseits erinnern wir an sie über Social Media. Außerdem gibt es am Sonntag, 9. Mai, um 11 Uhr auf dem Münchner Königsplatz eine demonstrative Performance, die wir mit zwei Theaterspezialisten organisieren können. „Wir sind Sophie“ ist das Motto, unter dem hundert Mädchen hundert Minuten lang Sophie Scholls Vermächtnis mit Hilfe von Bildern und Texten in Szene setzen.

Der Redakteur und Moderator
Korbinian Bauer
Münchner Kirchenradio
k.bauer@michaelsbund.de