Meinung
Christliche Werte heute

Gottes Gnade kennt keine Obergrenzen

Auf die sogenannten christlichen Werte berufen sich aktuell verschiedene politische und gesellschaftliche Akteure. Doch was sind christliche Werte eigentlich? Für Politiker Franz Maget steht Jesus in deren Zentrum.

Franz Maget (SPD) war Vizepräsident des Bayerischen Landtags, Fraktionsvorsitzender der SPD und ist jetzt als Sozialreferent an der Deutschen Botschaft in Tunis tätig. (Bild: MK/Marco Urban) © MK/Marco Urban

Die westliche Welt, der wir uns zugehörig und verbunden fühlen, basiert im Wesentlichen auf drei Wurzeln: Dem römischen Recht, der Aufklärung und dem Christentum. Daraus ist nach vielen Rückschlägen, Kriegen und Katastrophen das Modell der Sozialen Demokratie entstanden, das heute unser Denken prägt. Die christlichen Kirchen haben lange gebraucht, um die Demokratie als Staats- und als Lebensform zu akzeptieren.

Heute gehört es zu unseren Grundwerten und Überzeugungen, den Rechtsstaat zu schützen und seine Gesetze zu achten. Das verlangt der Staat zu Recht von allen seinen Bürgern, egal welcher Religion sie angehören oder aus welchem Kulturkreis sie abstammen. Wenn alle Bürger diesen Grundsatz respektieren, wird eine multireligiöse Gesellschaft möglich und bereichert unser Leben. Nationalismus und Fremdenfeindlichkeit haben Deutschland immer in den Abgrund geführt. Das sei gerade denen gesagt, die angeblich das christliche Abendland verteidigen, aber noch nie eine Kirche von innen gesehen haben.

"Was würde Jesus sagen?"

Uns Christen gibt der Glaube an Gott Halt, die Verkündigung seines Wortes ist unser Kompass und die zehn Gebote sollten unsere Handlungsmaxime sein. So können wir unser Leben und das unserer Familien gestalten. Jesus hat uns aber auch aufgegeben, uns nicht nur um uns selbst, sondern auch um die Mitmenschen und damit um das Gemeinwesen als Ganzes zu kümmern: „Einer trage des anderen Last, so werdet Ihr das Gesetz Christi erfüllen“ (Gal 6.2). Wenn wir von christlichen Werten im Alltag und in der politischen Praxis sprechen, sollten wir uns stets fragen: „Was würde Jesus eigentlich dazu sagen?“ Was würde er sagen zur schreienden Ungerechtigkeit auf der Welt? Zur skandalösen Ungleichheit zwischen Arm und Reich? Zur Welt der Steuerparadiese und der ungezügelten Finanzmärkte? Zur fortschreitenden Zerstörung unserer Umwelt? Würde er gelangweilt abseits stehen oder würde er sich einmischen?

Ich bin sicher, dass er auf der Seite der Schwachen stehen würde. Er würde die Egoisten und die Schacherer aus dem Tempel werfen und sein Brot mit den Hungernden teilen. Er wäre hilfsbereit zu den Notleidenden und den Flüchtlingen würde er Obdach geben. Daran sollten wir uns gerade im Heiligen Jahr der Barmherzigkeit erinnern: Gottes Gnade kennt keine Obergrenzen.