Adveniat-Weihnachtsaktion

"Gesundheit ist ein Menschenrecht"

Gesundheit ist für viele Menschen in Lateinamerika ein Luxus. Adveniat stellt die Situation dieser Menschen in diesem Jahr unter dem Motto „Gesundsein Fördern“ in den Fokus seiner Weihnachtsaktion. Die Corona-Pandemie habe in Lateinamerika wie ein Scheinwerfer Missstände beleuchtet, sagt Adveniat-Hauptgeschäftsführer Pater Martin Maier im Interview mit der Katholischen Nachrichten-Agentur (KNA):

 

Adveniat-Hauptgeschäftsführer Pater Martin Maier. © Adveniat

Pater Maier, die Adveniat-Weihnachtsaktion steht in diesem Jahr unter dem Motto „Gesundsein Fördern“. Warum haben Sie das Thema gewählt?

Pater Martin Maier (Adveniat-Hauptgeschäftsführer): Gesundheit ist ein Menschenrecht und eines der globalen Entwicklungsziele der Vereinten Nationen. Auch für Jesus war Gesundheit ein sehr wichtiges Anliegen. Das zeigen seine vielen Krankenheilungen. Die Corona-Pandemie hat Lateinamerika und die Karibik von allen Kontinenten am stärksten getroffen. In Brasilien starben allein 700.000 Menschen; proportional zur Bevölkerung hat Peru am meisten gelitten. Es ist deutlich geworden, dass es in den meisten Ländern Lateinamerikas an einer Gesundheitsversorgung fehlt. Darauf wollen wir mit der Weihnachtsaktion und dem Thema „Gesundsein Fördern“ aufmerksam machen.

Was hat sich infolge der Corona-Pandemie verschlechtert?

Maier: Die Pandemie hat wie ein Scheinwerfer sichtbar gemacht, wie ungleich der Reichtum in Lateinamerika verteilt ist – und auch der Zugang zu Gesundheitsversorgung. Es hat sich auch gezeigt, wo Menschen besonders verwundbar sind und wo es notwendig ist, Abhilfe zu schaffen. Das ist der Ausgangspunkt für unser Thema in diesem Jahr. Die Pandemie zeigt wie in einer Gesamtdiagnose die systemischen, sozialen Missstände in Lateinamerika.

Wie sehen diese Missstände aus?

Maier: Es ist in Lateinamerika durchaus möglich, eine Gesundheitsversorgung zu bekommen und beispielsweise einen Arzt zu besuchen. Aber eben nur gegen Geld – und damit nur für Reiche. Die große Mehrheit der Bevölkerung kann sich das nicht leisten und lebt ohne Gesundheitsversorgung. Denn die staatlichen Gesundheitssysteme funktionieren nicht. In viele Gegenden kommen keine Ärzte hin, auch keine Medikamente.

Mittellose Kranke können sich dann auch die Fahrt zum Arzt nicht leisten ...

Maier: Für die meisten ist es unmöglich, den Transport in eine größere Stadt zu bezahlen, von einem Klinikbesuch ganz zu schweigen. Außerdem arbeiten viele Menschen im informellen Sektor und haben keine Versicherung. Wer dann in Quarantäne muss, kann nicht arbeiten. Und wer nicht arbeitet, bekommt kein Geld, kann sich nichts zu essen kaufen und hungert. Besonders angerührt hat mich auch eines unserer Projekte in Haiti. Dort stellen wir einer Gemeinde Mittel zur Verfügung, damit sie armen Gemeindemitgliedern ein Weihnachtsgeschenk machen kann. Das Geschenk besteht aus einem 12-Kilogramm-Sack-Reis. Das macht deutlich, wie groß die Not in Haiti derzeit ist. Etwa 450 Säcke werden an Heiligabend an Familien verteilt.

Bolivien und Guatemala sind in diesem Jahr die Beispielländer. Wie ist dort die Lage?

Maier: Schauen wir nach Guatemala. Dort ist die Hälfte der Kinder unter fünf Jahren unterernährt und es fehlt an einer grundlegenden Gesundheitsversorgung. Adveniat fördert ein Projekt, bei dem zwei Ordensschwestern Freiwillige schulen, die in die Dörfer gehen und Frauen grundlegende Kenntnisse zu Ernährung und Hygiene vermitteln. Das erhöht die Chance für die Kinder, zu überleben, und senkt die Kindersterblichkeit, die in Guatemala in ganz Lateinamerika am höchsten ist.

Wo setzen die von Adveniat geförderten Projekte an?

Maier: Die Armen sind der Kompass von Adveniat. Daher sind auch unsere Gesundheitsprojekte auf die Ärmsten ausgerichtet. Adveniat springt mit seinen Partnerinnen und Partnern vor Ort da ein, wo eine Grundversorgung fehlt. Obwohl eigentlich der Staat verpflichtet ist, dafür zu sorgen.

Was bedeutet es, in einem lateinamerikanischen Land arm zu sein?

Maier: Es bedeutet, ständig ums Überleben kämpfen zu müssen. Eine Krankheit kann das ohnehin schon labile Lebensgleichgewicht völlig aus dem Lot bringen. Beispielsweise verschulden sich die Menschen häufig, um medizinische Versorgung und Medikamente bezahlen zu können. Das bedroht in der Folge ihre Existenz.

Haben Sie mit Blick auf die vielfältigen Krisen in der Welt den Eindruck, dass es zu wenig Aufmerksamkeit für Lateinamerika gibt?

Maier: Der Ukraine-Krieg erfährt in Deutschland sehr viel mehr Aufmerksamkeit als die Not in den Ländern Lateinamerikas und der Karibik. Das ist auch verständlich, die Ukraine ist uns sehr viel näher. Wir dürfen aber nicht aus dem Blick verlieren, dass sich das Leben für viele Menschen in Lateinamerika dramatisch verschlechtert hat. Das ist eine Folge der Corona-Pandemie und der sozialen Ungleichheit, die durch die Pandemie noch zugenommen hat. Der Hunger ist in Lateinamerika zurück. Brasilien beispielsweise ist wieder auf der „Weltkarte des Hungers“. Für
Adveniat ist es wichtig, auf diese Not zu reagieren und zu helfen.

In den vergangenen zwei Jahren hat die Weihnachtsaktion deutlich weniger Spenden eingebracht. Sind Sie optimistisch für dieses Jahr?

Maier: Wegen der Pandemie haben zuletzt deutlich weniger Menschen an Weihnachtsgottesdiensten teilgenommen und gespendet. Dadurch hatten wir hohe Einbußen zu verzeichnen. Gleichzeitig sind aber die Einzelspenden an Adveniat gestiegen. Für unsere Projekte ist die Weihnachtskollekte lebensnotwendig. Ich wünsche mir, dass wir in diesem Jahr viele Menschen erreichen und auf offene Herzen stoßen. (KNA)

Adveniat


Das Lateinamerika-Hilfswerk der katholischen Kirche, unterstützt Menschen in Lateinamerika und der Karibik mit Projekten zu Gesundheit, Medizin und Ernährung. Die Partner vor Ort bilden beispielsweise Gesundheitshelferinnen und -helfer aus. Kirchliche Krankenhäuser und Gesundheitseinrichtungen stehen armen Menschen offen.

Die Weihnachtskollekte am 24. und 25. Dezember in allen katholischen Kirchen Deutschlands geht an Adveniat-Projekte.