Tagung des Katholikenrats

Gesichter der Armut

Trotz ihrer 60-Stunden-Woche reicht das Geld einer jungen alleinerziehenden Mutter nicht für den Kita-Platz ihrer Tochter. Mit Fällen wie diesem hat sich der Katholikenrat der Region München bei seiner Herbstvollversammlung beschäftigt und dabei beschlossen, sich noch intensiver mit Armut auseinanderzusetzen.

Johanna Rumschöttel, Vorsitzende des Katholikenrats, bei der Herbstvollversammlung (Bild: Kiderle) © Kiderle

Oberschleißheim – Fünf Arbeitskreise des Katholikenrats behandelten jeweils verschiedene von Armut betroffene Personengruppen. In allen bearbeiteten Themenfeldern – Schuldnerberatung, pflegende Angehörige, Kinderarmut, Altersarmut, Menschen ohne Registrierung im Sozialsystem – war man sich einig, dass es sehr schwer sei, vor Ort an die Betroffenen heranzukommen. Diesen stünden oft die Scham und der eigene Stolz im Weg, weswegen sie sich nicht bei Hilfseinrichtungen meldeten oder versuchten, unerkannt zu bleiben.

Guter Zeitpunkt für Christen

Eröffnet wurde die Vollversammlung in St. Wilhelm in Oberschleißheim durch Bischofsvikar Rupert Graf zu Stolberg und Pfarrer Ulrich Kampe mit einer Vesper. Johanna Rumschöttel, Vorsitzende des Katholikenrats, leitete die Tagung unter dem Thema „Armut hat Gesichter – was gehen sie uns an?“ ein. Anlässlich des 70. Todestags von Pater Rupert Mayer und des Martinsfestes ist laut Rumschöttel nun „ein guter Zeitpunkt, sich als katholischer Christ mit den Gesichtern der Armut in unserem näheren Umfeld zu befassen, mit der Frage, was uns diese Gesichter angehen und wie wir ihnen helfen können, wie wir die Not überhaupt erkennen können“.

Mehr Menschen von Armut bedroht

Margit Berndl, Vorstand des Paritätischen Wohlfahrtsverbands, ging auf den von der bayerischen Staatsregierung veröffentlichen Sozialbericht ein. Demnach sind 1,7 Millionen Menschen in Bayern von Armut bedroht, eine Steigerung zu den Zahlen von 2013. Armut habe die mittlere Gesellschaftsschicht erreicht, unter anderem Familien, Migranten und Rentner. Beispielsweise erhielten Kinder aus ärmeren Familien schlechtere Noten als Kinder aus wohlsituierteren. Im Ausland erworbene Qualifikationen würden oftmals nicht anerkannt. Und mit dem Hartz IV-Regelsatz sei ein soziales und kulturelles Leben kaum möglich. Eine Lösung nannte Berndl auch: „Anstelle von Pauschalen müssen individuelle Bedürfnisse Grundlage von Unterstützung sein.“ (tl)