Mini-Serie

"Geschichten einer Generation mit Papst Franziskus" bei Netflix

Doku-Serie über den Dialog der Generationen: Alte Menschen über 70, darunter Papst Franziskus, Regisseur Martin Scorsese und Primatenforscherin Jane Goodall, teilen in ausführlichen Interviews ihre Lebenserfahrungen.

Papst Franziskus bei einer Gottesdienstübetragung (Archivbild) © imago images/photothek

Bonn – Der Serie "Geschichten einer Generation - mit Papst Franziskus" liegt eine bestechend einfache Idee zugrunde: Menschen über 70 werden auf der ganzen Welt von jungen Menschen nach ihren Lebenserfahrungen, Erkenntnissen und Weisheiten befragt. Der Einfall ist überraschend naheliegend, filmisch aber bislang kaum aufgegriffen worden.

Insofern hatte der 85-jährige Papst als Autor des Buches "Sharing the wisdom of time" (2018) den richtigen Riecher für die zentrale Idee des Projekts: Jung und Alt müssen miteinander ins Gespräch kommen und im Austausch bleiben, zur beiderseitigen Inspiration.

Die dramaturgische Umsetzung dieses Grundgedankens überzeugt allerdings nur teilweise. Die Geschichten der porträtierten Personen sind oft sprunghaft montiert; manche Lebenseinblicke geraten zu kurz, die Zusammenstellung wirkt bisweilen willkürlich. Dennoch hat die dokumentarische Serie anrührende, spannende und motivierende Geschichten zu bieten.

Themen wie "Liebe" und "Träume"

Die Porträts sind thematisch unterteilt: In den vier jeweils etwa 45-minütigen Episoden werden unter den Stichworten "Liebe", "Träume", "Kampf" und "Arbeit" Bereiche beleuchtet, die in den Augen des Papstes für das Verhältnis zwischen Jung und Alt zentral sind.

Jede Folge porträtiert vier oder fünf Menschen jenseits der 70; dazu kommt jeweils Franziskus, der in Interviewszenen aus dem Vatikan sozusagen den geistigen Überbau liefert und das Erzählte mit seinen Gedanken sowie persönlichen Anekdoten rahmt und einordnet.

Die erste Folge mit dem Titel "Liebe" ist prominent besetzt. Hier kommt nicht nur Martin Scorsese zu Wort, der von seiner 22-jährigen Tochter Francesca befragt wird, sondern auch die Verhaltensforscherin und Tierschützerin Jane Goodall. Während Scorsese etwa von der Liebe zu seiner an Parkinson erkrankten Frau Helen erzählt und Reue signalisiert, weil er durch seine Arbeit beim Aufwachsen von Francescas älteren Halbschwestern kaum präsent war, spricht die britische Primatenforscherin über ihre seit frühester Kindheit bestehende Verbindung zu den Tieren.

Promis als Werbeträger

Dennoch ist offensichtlich, dass die Prominenten vor allem aus Marketinggründen mit an Bord sind; die unbekannten Protagonisten liefern die deutlich interessanteren und tiefergehenden Beiträge. So erzählt etwa Eisverkäufer Vito Fiorino von der sizilianischen Insel Lampedusa, wie er bei einer Bootstour mit Freunden zufällig zum Retter von Flüchtlingen wurde - und mit ihnen teils auch Jahre später noch immer Kontakt hält, weil er für manche zu einer Art Vater geworden ist.

Eine andere eindrucksvolle Gestalt ist Estela de Carlotto, die Präsidentin der "Großmütter der Plaza de Mayo", deren Tochter Laura 1978 von der argentinischen Militärjunta ermordet wurde. Sie sucht ihren Enkel, den Laura im Gefängnis zur Welt gebracht hat. De Carlotto ist eine beeindruckende, hartnäckige und aufrechte Frau, ähnlich wie die 88-jährige Austra Bertha Flores Lopez aus Honduras, deren Tochter Berta Caceres ebenfalls vom politischen Gegner umgebracht wurde, weil sie sich für die Rechte der indigenen Bevölkerung eingesetzt hatte.

Kein organisches Ganzes

Neben so überzeugenden Porträts fallen andere Episoden deutlich ab. Die Erzählstränge verbinden sich ohnehin nicht zu einem organischen Ganzen. Der Auftritt des einmal mehr äußerst nahbaren Papstes überzeugt hingegen über weite Strecken. Dabei fällt auf, dass es ihm offensichtlich nicht um katholische Propaganda, sondern um positive Impulse jenseits aller Religionen geht. Zu den verhandelten Themenkomplexen steuert er viele kluge und warmherzige Erkenntnisse bei.

Auch gibt er mit großer Offenheit persönliche Details preis, unter anderem, dass er selbst "von Natur aus faul" sei. Oder dass er die Filme von Martin Scorsese "großartig" finde.

Die Serie will Hoffnung geben und zum Guten motivieren. Analytische Tiefenschärfe und Kontroverses sind erkennbar nicht das Ziel. Dafür gelingt es hingegen durchaus, zu inspirieren und eine Ermunterung zu sein. Zudem kann die Produktion mit ihrer sympathischen Grundidee punkten, den vielen gut ausgewählten Protagonisten und mit schönen (Natur-)Bildern. (Katharina Zeckau/kna)