Finanzen

Fragen und Antworten zu Staatsleistungen an die Kirchen

Jedes Jahr fließen staatliche Zahlungen an die beiden großen Kirchen in Deutschland. Derzeit ist die Ablösung der Zahlungen wieder verstärkt in der politischen Diskussion.

Die Staatsleistungen an die Kirchen stehen immer wieder in der Diskussion. © imago images/epd

Schon seit der Weimarer Reichsverfassung von 1919 ist vorgesehen, die sogenannten Staatsleistungen an die Kirchen abzulösen, auf die sich der Staat durch eine massive Enteignung von Kirchengütern im Jahr 1803 verpflichtet hat. Derzeit ist diese Ablösung wieder verstärkt in der politischen Diskussion. Antworten auf die wichtigsten Fragen zu den Staatsleistungen.

Welche Leistungen des Staates resultieren bis heute aus der Enteignung der Kirchen vor rund 220 Jahren?

Die weltlichen Landesherren haben im sogenannten Reichsdeputationshauptschluss von 1803 eine Vielzahl unterschiedlichster Leistungspflichten und Entschädigungszahlungen übernommen, die unter dem Begriff Staatsleistungen zusammengefasst sind. Dazu gehören etwa Baulasten für kirchliche Gebäude, Zuschüsse zur Besoldung des Klerus und viele andere Geld- und verschiedenste Sachleistungen. Sie werden heute häufig von den einzelnen Ländern und Kommunen pauschaliert, so dass einzelne Leistungen teils gar nicht mehr buchhalterisch nachvollziehbar sind.

Auch die Gehälter der Bischöfe und Domkapitulare sowie Zuschüsse zu Pfarrgehältern sind Staatsleistungen, so weit sie direkt aus der Staatskasse geleistet werden und auf diesen alten Rechtsgrundlagen beruhen. Inwieweit Pfarrgehälter übernommen werden, ist von Land zu Land, ja von Gemeinde zu Gemeinde unterschiedlich. Allerdings bekommen jüngere Kirchengemeinden - und das sind die meisten - keine Zuwendungen, sondern bestreiten das Pfarrergehalt aus Kirchensteuermitteln.

Gehört auch die Kirchensteuer zu den Folgen der Säkularisation?

Die Kirchensteuer ist keine Staatsleistung und hat sich unabhängig von der Säkularisation entwickelt. Kirchensteuern sind keine Zuwendung des Staates, sondern eine vom Staat verliehene Hoheitsmacht der Kirchen, von ihren Mitgliedern Abgaben zu erheben. Die Kirchensteuer wird also aus den Mitteln der Kirchenmitglieder bestritten, während die Staatsleistungen aus dem allgemeinen Staatshaushalt kommen.

Sind Staatsleistungen "unlautere Subventionen des Staates"?

Nein. Subventionen dienen dazu, dass nichtstaatliche Einrichtungen kostenintensive Aufgaben für das Gemeinwohl erfüllen können. Die Kirchen erhalten Subventionen für ihr karitatives Wirken, zum Beispiel in der Jugend- und Altenhilfe oder für kirchliche Privatschulen. Staatsleistungen dagegen sind eine Entschädigung für die Säkularisation.

Ist nicht die Summe für die säkularisierten Güter längst abbezahlt, wie Kritiker argumentieren?

Es geht  bei den Staatsleistungen nicht um einen bestimmten Preis oder eine bestimmte Summe, sondern darum, dass die Kirche nach dem Wegbrechen ihrer alten Finanzgrundlagen durch die Enteignung eine neue Existenzgrundlage für ihre geistlichen Aufgaben benötigte. Sie sind kein echter Schadenersatz für das, was sich der Staat vor 220 Jahren angeeignet hat, sondern dienen der Erfüllung der kirchlichen Aufgaben, namentlich für Personalkosten und Baulasten. Weil der Staat das Erbe der kirchlichen Vermögensmassen übernommen hat, hat er auch diese Verpflichtung übernommen.

Seit der Weimarer Republik (1919) ist die Ablösung dieser Verpflichtung sogar Verfassungsauftrag. So steht es auch in Artikel 140 des Grundgesetzes. Ablösung heißt aber nicht Einstellung der Leistungen, sondern Ersetzung der alten Gehalts- und Rentenzahlungen durch eine neue wirtschaftliche Basis. Da eine Rückgabe der riesigen Liegenschaften von damals nicht realistisch ist, ist die Ablösung höchst kompliziert. Solange sind die alten Staatsleistungen weiter zu entrichten.

Sind die Staatsleistungen rechtlich anfechtbar?

Rechtlich sind die Staatsleistungen im Grundgesetz gut abgesichert. Pragmatische Lösungen gibt es etwa mit der Pauschalierung komplizierter Einzelleistungen oder wo sich der Staat der Baulast an Kirchengebäuden dadurch entledigt, dass er den Kirchen das Eigentum an Gotteshäusern rücküberträgt. Solche Lösungen verbietet das Grundgesetz nicht.

Politisch allerdings haben Teile der Öffentlichkeit und der Parlamentarier wenig Sinn für die historische Begründung von Staatsleistungen, die über zwei Jahrhunderte anhalten. Wenn sie der Bevölkerung nicht mehr vermittelbar sind, ist es in der Demokratie zunehmend schwierig, diese historisch begründeten und verfassungsrechtlich abgesicherten Rechtstitel auf Dauer aufrecht zu erhalten. Das Rechtsvertrauen gebietet dem Staat allerdings, seine Zahlungspflichten nicht einseitig einzustellen, will er nicht seine eigene Grundlage in Frage stellen. (kna)