CSU in der Kritik

Falsches Signal

Die Flüchtlinge sind das zentrale Thema der Vollversammlung der Bischofskonferenz – aber auch der Herbstklausur der CSU-Landtagsfraktion. Dazu wurde auch ein derzeit umstrittener Gast, der ungarische Ministerpräsident Viktor Orban, eingeladen. Wie die deutschen Bischöfe darauf reagierten, lesen Sie hier.

Seine Abschottungspolitik wird von vielen Entscheidungsträgern massiv kritisiert. Trotzdem hat die CSU Ungarns Ministerpräsident Viktor Orban zu Gesprächen ins vormalige Kloster Banz eingeladen. (Bild: imago) © imago

Fulda – Der Kölner Kardinal Rainer Maria Woelki zeigt sich kämpferisch und scharfzüngig: Vom Priesterseminar in Fulda, wo derzeit die Deutsche Bischofskonferenz tagt, schickte er eine durchaus kritische Botschaft ins vormalige Kloster Banz in Franken, wo sich die CSU-Landtagsfraktion mit dem ungarischen Ministerpräsidenten Viktor Orban am Mittwoch trifft. Er habe nichts gegen ein Gespräch mit Orban, sagte Woelki vor Journalisten. Entscheidend sei das Signal, das die CSU damit bezwecke. Um dann mit Blick auf Orbans Abschottungspolitik hinzuzufügen: "Stacheldraht, Schlagstöcke und Nebelbomben können kein Mittel sein, um traumatisierte Flüchtlinge von den Grenzen abzuhalten."

Lob für die Bundesregierung

Lob der Bischöfe, die sich bei ihrer Vollversammlung zwei Tage Zeit für das Flüchtlingsthema nehmen, erhielt dagegen Angela Merkel (CDU). "Ich danke der Bundesregierung für ihre Bereitschaft, eine so große Zahl von Menschen aufzunehmen", sagte der Vorsitzende der Konferenz, Kardinal Reinhard Marx. "Die Bundeskanzlerin und die ganze Regierung haben den Menschen in Deutschland das Signal gegeben: Wir nehmen diese Herausforderung an und wir werden sie bestehen, wenn alle Kräfte der Gesellschaft zusammenwirken."

Komplett einverstanden mit der Linie der Bundesregierung sind die 66 Bischöfe dennoch nicht. Sie sorgen sich, dass das Asylrecht ausgehöhlt werden könnte. "Jeder Mensch, der in unserem Land um Schutz bittet, hat ein Recht auf ein individuelles, rasches, faires und unvoreingenommenes Asylverfahren – unabhängig von seinem Herkunftsland", beschrieb der Vorsitzende der Migrationskommission, Bischof Norbert Trelle, eine rote Linie. Der Hildesheimer Bischof forderte zugleich eine menschenwürdige Behandlung der Flüchtlinge. Leistungskürzungen seien enge Grenzen gesetzt, wie auch das Bundesverfassungsgericht entschieden habe.

Engagement der Kirche hervorgehoben

Die Bischöfe wollten ihre Konferenz zugleich dazu nutzen, das Engagement der Kirche deutlicher zu präsentieren. "Wir kümmern uns schon lange um Flüchtlinge und fangen nicht von vorne an", sagte Kardinal Marx selbstbewusst. Und trotzdem musste der Münchner Erzbischof einräumen, dass die Kirche als Anwalt und Helfer von Flüchtlingen zu wenig wahrgenommen werde. Zu unübersichtlich, was Diözesen, Gemeinden, Verbände, kirchliche Schulen und Ordensgemeinschaften alles auf die Beine stellen. "Wir sind ja kein Großkonzern, der mal schnell seine Zahlen abrufen kann", so Marx.

Ein paar Zahlen präsentierte der Kardinal dennoch: Nach vorläufigen Schätzungen haben Diözesen, Gemeinden und Hilfswerke 2015 Sondermittel von mindestens 98,6 Millionen Euro für die Flüchtlingsarbeit zur Verfügung gestellt. Davon seien 32,1 Millionen Euro für die Arbeit der Hilfswerke in den Herkunftsländern und 66,5 Millionen Euro für das Inland gedacht. Mehr als 800 Wohnobjekte seien mietfrei zur Verfügung gestellt worden. Rund 3.000 hauptamtliche Mitarbeiter engagierten sich für Flüchtlinge. Die Zahl der ehrenamtlichen Helfer wird auf 100.000 geschätzt.

Nicht in der Rechnung erscheint, was Verbände, Caritas-Beratungsstellen und private Initiativen an Hilfen und Zeit - etwa für schwangere Frauen, Übersetzungen oder Rechtsberatung – schon lange anbieten, derzeit aber verstärkt. Da finden im früheren Bettenhaus des Berliner St. Hedwig-Krankenhauses etwa 100 Flüchtlinge eine vorübergehende Bleibe, betreut vom örtlichen Caritasverband. Da baut der Hallenser Medizinstudent Marcus Uhlig, Stipendiat des katholischen Begabtenförderungswerks Cusanuswerk, einen Dolmetscherdienst per Telefon für Flüchtlinge auf. Und die bundesweit über 300 Schwangerenberatungsstellen von Caritas und Sozialdienst katholischer Frauen kümmern sich um eine wachsende Zahl von Flüchtlingsfrauen in Notsituationen.

Für die Bischöfe steht fest: Die Sorge um Flüchtlinge verändert auch das kirchliche Leben und gibt ihm einen neuen Schub. "Wir Christen kümmern uns um Menschen in Not. Wir sind offen und gastfreundlich", erklärte der in der Flüchtlingshilfe stark engagierte Viernheimer Pfarrer Angelo Stipinovich am Montag vor den Bischöfen. "Das ist doch eine sensationelle Botschaft für Deutschland, aber auch für die ganze Welt." (kna)