Flüchtlinge

Ethiker Wallacher: Deutschland kann sich nicht abschotten

Die Bundesrepublik kann sich auch mit Obergrenzen nicht vor Flüchtlingen abschotten, sagt Johannes Wallacher, Präsident der Münchner Hochschule für Philosophie. Allerdings könne man von einem Land nicht mehr verlangen, als es zu leisten vermag. Auch zu den Ängsten der Bevölkerung äußerte sich der Wirtschaftsethiker.

Johannes Wallacher, Präsident der Hochschule für Philosophie in München (Bild: Sachs) © Sachs

München – Der Münchner Philosoph und Wirtschaftsethiker Johannes Wallacher (49) hat in der Debatte um eine Obergrenze für Flüchtlinge vor der Gefahr der Vereinfachung gewarnt. Diese bestehe nicht nur aufseiten der Befürworter einer solchen Grenzziehung, sagte er am Freitag der Katholischen Nachrichten-Agentur (KNA). Natürlich gebe es in diesem Zusammenhang Grenzen des Machbaren und eine über Deutschland hinausgehende moralische Verantwortung. Es sei aber eine "Illusion" zu glauben, das Land könne sich angesichts der fortgeschrittenen Globalisierung vor Flüchtlingen abschotten, Waren und Kapital aber weiter frei zirkulieren lassen.

Mehr Möglichkeiten als andere Länder

Deutschland müsse sich an den Werten wie dem Grundgesetz, der Allgemeinen Erklärung der Menschenrechte und der Genfer Flüchtlingskonvention messen lassen, sagte Wallacher, der Präsident der von den Jesuiten betriebenen Hochschule für Philosophie ist. Das Problem liege in deren Umsetzung. Dabei helfe es weder weiter zu sagen, alle Flüchtlinge dieser Welt könnten nach Deutschland kommen, noch "plakativ irgendwelche Obergrenzen zu fordern ohne zu wissen wie das gehen soll". Auch dies sei eine Form sich aus der Verantwortung zu stehlen, so der Philosoph. Deutschland habe mehr Möglichkeiten als andere Länder und müsse deshalb auch mehr Lasten schultern. "Wir werden das auf Dauer nicht allein tun können."

Es gibt kein einfaches Rezept

Wallacher stimmte zugleich dem ethischen Grundsatz zu, dass von niemandem mehr verlangt werden könne, als er zu leisten vermag. Dies lasse sich aber "nicht in eine Zahl übersetzen". Die ethische Herausforderung bestehe darin, der Bevölkerung zu sagen, dass manche ihrer Ängste durchaus berechtigt seien, es aber kein einfaches Rezept gebe, sie zu besiegen.

Der Wissenschaftler sagte, natürlich müssten Recht und Ordnung und bestimmte Formen von Grenzkontrollen wieder hergestellt werden, "aber bitte menschenwürdig". Darüber hinaus müsse sich Deutschland aber viel stärker als bisher bei der Bewältigung und Vorbeugung von Konflikten engagieren. "Da war und ist unser Handeln nicht überzeugend, etwa beim Umgang mit Waffenexporten oder dem Bemühen um internationale Gerechtigkeit." Wenn dies nicht mit in den Blick genommen werde, greife alles andere zu kurz. (kna)