Amandus Sattler macht Räume sinnlich erfahrbar

Es werde Licht

Markus Allmann, Amandus Sattler und Ludwig Wappner kennen sich seit ihrer gemeinsamen Studienzeit an der Technischen Universität München. Heute leiten die Diplomingenieure ein 55 Mann starkes Architekturbüro. Auch als Professoren reichen sie ihr Wissen an den Nachwuchs weiter. Schlagartig berühmt wurden sie als Erbauer der Herz-Jesu-Kirche in München-Neuhausen.

Der Architekt Amandus Sattler hat die Herz-Jesu-Kirche mitgeplant. (Bild: Irgens-Defregger) © Irgens-Defregger

Licht, Ausdruck des Göttlichen, eingefangen durch große, in die Höhe strebende Fenster, die wie kostbare Juwelen des himmlischen Jerusalems funkeln. Es gibt sie im Kirchenbau schon seit dem Mittelalter. Allerdings eine als Quader angelegte komplett gläserne Hülle einschließlich großformatiger, mittels Hydraulik schwungvoll sich öffnender „Heiliger Pforte“ im „Jahr der Barmherzigkeit“, das ist zumindest im Sakralbau am Beginn des 21. Jahrhunderts noch ein absolutes Novum. Ein Alleinstellungsmerkmal, das sich ein Münchner Architekturbüro ausgedacht hat. Seine Gründungsväter tragen die klingenden Namen Markus Allmann, Amandus Sattler und Ludwig Wappner. Sie sind die Erbauer der viel beachteten, am 26. November 2000 von Kardinal Friedrich Wetter geweihten Pfarrkirche Herz Jesu in München-Neuhausen. Die beiden Vorgängerkirchen – aus der Not geborene Behelfsbauten mit hölzernen Versatzstücken – wurden jeweils Opfer eines Brandes. Dank einer hoch abgeschlossenen Brandschutzversicherung ergab sich nach dem zum Totalverlust führenden Schwelbrand vom 26. November 1996 die einmalige Chance für den Neubau.

Mit der Herz-Jesu-Kirche entstand ein meditativer, sinnlich erfahrbarer Kirchenraum, in dem der Weg des Lichtes auf vielschichtige, aber unaufdringliche Weise thematisiert wird. Ihr Leitgedanke war es, durch Transparenz die Offenheit der Kirche zu versinnbildlichen. Durch eingestellte Holzlamellenwände für den Gottesdienstraum, durch die das warmweiße Licht gebündelt auf den Altar gelenkt wird, fühlt man sich geborgen und beschützt wie in einem Kokon. Mit den „offenen Toren“ – es sind die größten Kirchentüren der Welt, geschmückt mit der Heiligen Schrift als Ornament – ist ihnen ein originärer Kirchenbau gelungen: nichts für „Fast-Food-Betrachter“ oder „Barockfetischisten“, wie es Pfarrer Hans Späth einst so pointiert formuliert hat.

Mit seinem Spiel der reinen Materialien und der Transformation des irdischen Lichts, seiner klaren Linienführung sowie der neuen Sprache der Bildprogramme polarisiert das Gotteshaus wie kein zweites. Für die einen ist der Kirchenbau zu modern, für die anderen ist der Typus der klassischen Wegkirche, wie sie im Auslobungstext und vom Bauplatz vorgegeben war, zu rückwärtsgewandt, wie Amandus Sattler betont. „Wir haben uns tragen lassen von traditionellen Vorstellungen. Es ist was da, was es schon immer gab“, sagt der 58-jährige gebürtige Oberfranke, der mit der katholischen Liturgie bestens vertraut ist, wenngleich er aus einer evangelischen Familie stammt: „In Oberfranken wächst man eher in einem evangelischen Elternhaus auf – so auch ich. Glaube und Kirche sind von klein auf ein Teil meiner Wirklichkeit mit unterschiedlicher Intensität in unterschiedlichen Lebensphasen.“

Seine Gedanken zur Gegenwart der Kirche: „Die Kirche sollte sich weiter der großen Themen unserer Zeit annehmen, weniger an Untersagung festhalten und weiterhin öffnen. Papst Franziskus ist ein absoluter Gewinn für die katholische Kirche und zeigt gute Perspektiven für sie auf.“

Herz-Jesu-Kirche machte schlagartig berühmt

1987 gründeten die Studienfreunde Allmann und Sattler ihr erstes Büro. Sechs Jahre später stieß dann Ludwig Wappner zum Unternehmen hinzu. Als Triumvirat gewannen sie im März 1996 den ersten Preis beim ausgelobten Wettbewerb für die Herz-Jesu-Kirche. Als feststand, dass sie ihre Pläne 1:1 realisieren konnten, wurden die noch jungen Architekten, die heute in einem Rückgebäude an der Nymphenburger Straße in einem renovierten Backsteingebäude einer ehemaligen Kolbenfabrik ihr schickes Büro haben, schlagartig berühmt. Seither haben sie etliche renommierte Preise abgeräumt, darunter unter anderem den Licht-Architektur-Preis (2001) für die Herz-Jesu-Kirche und den „Ecola Award“ (2006) für das Haus der Gegenwart in München, das mit seinem Übermaß an technischem Know-How eigentlich in die Zukunft weist.

„Allmann Sattler Wappner Architekten“ gehören heute deutschlandweit zu den ganz Großen der Branche. Eines ihrer Hauptprojekte beschäftigt sich derzeit mit der Umgebung des Kölner Doms.

Rege ist auch ihre Teilnahme an Wettbewerben. Wenn sie nicht im Wettbewerb stehen, sind sie oft als Jurymitglieder gefragt. 2009 gewannen sie bei der Ausschreibung für die Leipziger Propsteikirche St. Trinitatis den zweiten Preis. 2010 entwarfen sie für die Ulmer Synagoge mit Gemeindezentrum einen Solitär, der sich in die bestehende Stadtstruktur einfügt und den Dialog zwischen außen und innen betont. Ein Jahr später erzielten sie den vierten Preis im Wettbewerb für den Neubau der Münchner Nikodemuskirche. In München gaben sie auch den Sperrengeschossen von Stachus und Marienplatz einen frischen, luftig leichten Look. Ähnlich ansprechend gestalteten sie den Einkaufstempel „Pasing Arcaden“ sowie das Hirschgarten-Forum.

Ihr breites Betätigungsfeld reicht vom unkonventionellen Einfamilienhaus bis zum Entwurf des Olympischen Dorfes für Olympia 2018. Weltweit einen Namen gemacht haben sich „Allmann Sattler Wappner Architekten“ übrigens im Verbund mit der Autofirma Audi, für die sie als Architekturdesigner verantwortlich zeichnen. (Angelika Irgens-Defregger)