Eucharistischer Weltkongress vor 60 Jahren

Erstes Internationales Großereignis im Nachkriegsdeutschland

Nicht erst zu den Olympischen Spielen 1972 war die Welt zu Gast in München. Mit dem Eucharistischen Weltkongress 1960 richtete die Bayerische Landeshauptstadt eine international beachtete Begegnung aus.

Futuristische Architektur für den Eucharistischen Weltkongress in München: Der Gottesdienstpavillion auf der Theresienwiese. © Archiv des Erzbistums München und Freising

München - Der FC Bayern und der TSV 1860 verzichten zwischen dem 31. Juli und dem 7. August 1960 auf Freundschaftsspiele vor zahlenden Zuschauern. Das Organisationskomitee des Eucharistischen Weltkongresses hatte die Clubs darum gebeten, berichtete damals „Der Spiegel“. Der FC Bayern rechne mit einem Verlust von 60.000 Mark, so das Nachrichtenmagazin. Aber München war schließlich Schauplatz des ersten internationalen Großereignisses im Nachkriegsdeutschland, mit Gästen aus allen Kontinenten und weltweiter Beachtung.

Zu verdanken hatte das die Bundesrepublik der Katholischen Kirche. „Das war damals ja alles neu, solche Großveranstaltungen“, erinnert sich Pfarrer Anton Schwaiger. Er durfte als Priesterseminarist zusammen mit sieben anderen jungen Männern einen Prunkwagen schieben. Auf dem fuhr der päpstliche Abgesandte Kardinal Gustavo Testa bei der Eucharistischen Prozession am Schlusstag über die Theresienwiese. „Darauf waren wir natürlich stolz“, sagt der heute 87-jährige Schwaiger. Er gehörte zu der rund einer Million Menschen, die in jenen Tagen die zahlreichen Gottesdienste, Vorträge und Begegnungen besuchten. Der Kongress stand unter dem Motto „Pro Mundi Vita“ („Für das Leben der Welt“) und sollte Wesen und Bedeutung der Eucharistie vermitteln.

Stadt in Festlaune

München glänzte mit seinem nagelneuen Hauptbahnhof, auf dem laufend Sonderzüge eintrafen, mit Besuchern aus ganz Deutschland und den Nachbarländern. Die Jugendlichen waren in einer großen Zeltstadt auf dem Oberwiesenfeld untergebracht, auf dem heute die Olympiabauten stehen. Das Rathaus war über und über mit roten Tüchern geschmückt, überall wehten Fahnen und machten Plakate auf das Ereignis aufmerksam.

„Es war damals ein großes Fest für die ganze Stadt“, erinnert sich Schwaiger. Besonders ist ihm der Tag des Kreuzes, der „Dies Crucis“, und die im Programm sogenannte „Abendliche Feierstunde“ im Gedächtnis geblieben. „Es gab ein Gewitter, es blitzte und donnerte und die vielen tausend Teilnehmer waren alle nass bis auf die Haut, irgendwie hat das zu dem ernsten Freitag gut gepasst.“

NS-Verbrechen waren ein Thema

Am Morgen waren Jugendgruppen zu einer Sühnewallfahrt vom Oberwiesenfeld nach Dachau aufgebrochen. Auf dem Gelände des ehemaligen Konzentrationslagers weihte Weihbischof Johannes Neuhäusler die „Todesangst Christi- Kapelle“, drei ehemalige Häftlinge sprachen Geleitworte. Es waren erste Versuche, die nationalsozialistischen Verbrechen und die damit verbundene Schuld vor einem internationalen Forum öffentlich zu bekennen.

Darüber schweigt sich „Der Spiegel“ übrigens aus, der eher sparsam und bissig von dem internationalen Großereignis berichtete und lieber erwähnte, dass Grace Kelly, ehemaliger Filmstar und Fürstin von Monaco „für das festliche Make up des Pilgerzentrums“ und die Altarinsel mit dem gelben sternförmigen Baldachin auf der Theresienwiese einen Spendenscheck geschickt hatte.

Theologie-Professor Ratzinger war zufrieden

Die Münchner Kirchenzeitung druckte dagegen Auszüge aus der Predigt des Essener Bischofs Franz Hengsbach ab und widmete dem Gedenken in Dachau weitere eineinhalb Seiten in der Nachberichterstattung. In der offiziellen Buch-Dokumentation „Statio orbis“, die gleich zwei Bände umfasste, äußerte sich auch ein junger Dogmatik-Professor zum internationalen Großereignis in München: Joseph Ratzinger. Der Titel seines Beitrags: „Der Eucharistische Weltkongress im Spiegel der Kritik“. Unter anderem griff er die Befürchtungen gerade der „besten Gläubigen“ auf, dass das Ereignis „in eine Massenveranstaltung ausarten und damit das Wesen der eucharistischen Tischgemeinschaft eher verdecken als es bezeugen“ könnte. Letztlich habe sich „Kraft der heiligen Liturgie“ aber als stark genug erwiesen: „Aus Masse wurde Gemeinschaft.“ So hat das auch Pfarrer Schwaiger bis heute in Erinnerung: „Es war ein Fest mit vielen anderen Menschen, das mich aber ganz persönlich auf meinem Glaubensweg bestärkt hat.“        

Der Autor
Alois Bierl
Chefreporter Sankt Michaelsbund
a.bierl@michaelsbund.de