Der Berufsskeptiker

Erst katholisch, dann kritisch

„Ich wurde hineingeboren in eine tief katholische, in eine gläubige Welt. Und katholisch zugerichtet“, hatte der Kabarettist Bruno Jonas 2007 in der Katholischen Akademie in München bekannt. „Das war natürlich eine Überzeichnung, eine Überhöhung, eine kabarettistische, pointierte Formulierung“, relativiert er diese Aussage nun, fast ein Jahrzehnt später.

Zwar wurde Bruno Jonas nicht Priester, aber als Bruder Barnabas predigte er drei Jahre auf dem Nockherberg. (Bild: imago) © imago

MÜNCHEN – „Ich hatte eine sehr katholische Großmutter, die ich sehr geliebt habe, die mit uns in der Früh gebetet hat, die abends beim Zubettgehen gebetet hat, die das Brot, bevor sie es angeschnitten hat, mit drei Kreuzen versehen hat, die in die Kirche gegangen ist, die natürlich uns Kinder – also auch meine zwei Brüder – mitgenommen hat. Damals sind wir noch links bei den Frauen gesessen und rechts sind die Männer gesessen“, erinnert sich Bruno Jonas an seine Kindheit im Passau der 50er und 60er Jahre. „Es waren klare Linien, klare Leitplanken, die im katholischen Glauben weitergegeben wurden.“

Eine ähnlich strikte Geschlechtertrennung bestand in der katholischen Knabenschule, auf die Bruno Jonas ging. Dort blieben die Buben selbst auf dem Pausenhof von den Mädchen getrennt. „Auch Evangelische gab es damals in Passau, aber die mussten sich hinten bei den Mülltonnen irgendwo aufhalten“, ergänzt der Niederbayer. „Das hat mich ein bisschen irritiert“, schließlich war sein Vater, ein aus Ostpreußen stammender Metzger, Protestant. „Aus dieser evangelischen Ecke kamen dann immer die ironisierenden Kommentare zum katholischen Glauben. Da bin ich meinem Vater sehr dankbar, dass ich über seine Kommentare schon von Anfang an eine leichte Distanz zum katholischen Glauben mitbekommen habe.“

Trotzdem war Sohn Bruno in seiner Jugend fest in der katholischen Kirche verankert: Er ministrierte, besuchte Gruppenstunden, überlegte sogar, Priester zu werden: „Eine Zeitlang habe ich tatsächlich gedacht, ich werde mal in diesen Priesterberuf einsteigen, wobei der Pfarrer schon massiven Druck auf mich ausgeübt hat, dass ich für diesen Priesterberuf vorgesehen sei, und ich immer wieder gefragt worden bin: ,Hast du die Stimme des Herrn schon vernommen?‘ Und ich habe immer gesagt: ,Na, bisher hob i nix ghört.‘“

Aber als Bruno Jonas dann mit 14, 15, 16 Jahren „das Denken angefangen“ habe, habe er immer öfter rebelliert und den Glauben in Frage gestellt. Das habe auch in die damalige Zeit – die 60er Jahre – gepasst. So habe er sich immer mehr von der katholischen Glaubenspraxis entfernt. Die Anklage wegen Religionsbeschimpfung nach der Premiere seines ersten Kabarett-Programms „Die Himmelskonferenz“, das er gemeinsam mit Sigi Zimmerschied im Passauer Scharfrichterhaus aufgeführt hatte, vergrößerte die Distanz zur Kirche weiter. Mit 22 trat Bruno Jonas aus. „Ich habe nicht damit gerechnet, dass mich die katholische Kirche anzeigen wird. Ich habe eher erwartet, dass da mehr Verständnis da ist, auch Barmherzigkeit“, begründet er diesen Schritt.

„Ich glaube eher an den Zufall“

Heute fühlt sich der 63-Jährige der katholischen Kirche „in kritischer Distanz verbunden“: „Ich bin nach wie vor an den Verlautbarungen des Papstes und der gesamten katholischen Kirche interessiert.“ Aber die Glaubenspraxis sei bei ihm „verkümmert“ und die Katholizität „auf eine intellektuelle Ebene ausgewandert“. Für ihn als Kabarettisten sei die katholische Kirche ebenso Stofflieferant wie alle anderen Institutionen.

Dennoch geht Bruno Jonas ab und zu in Kirchengebäude: „Kirchen können Räume der Ruhe sein. Ich setz mich da rein und schau dann auch die Bilder an, schau in die Höhe vor allen Dingen.“ In manchen Gotteshäusern denkt er dann: „Boah, da drin ist es aber richtig schön“ – etwa in der Stiftskirche Melk, in der Wieskirche oder – bei einem bestimmten Lichteinfall – in der Münchner Heilig-Geist-Kirche. „Das ist einfach ästhetisch auch eine sehr schöne Erfahrung.“

Genauso bewundert Bruno Jonas Menschen, die eine intensive Gotteserfahrung gemacht haben: „Ich habe sie in der Kindheit gehabt, aber ich habe sie jetzt nicht mehr“, erzählt der zweifache Familienvater. „Es wäre schön, wenn es einen gäb, der irgendwo draußen sitzt, ich weiß nicht wo im Universum, und der dann ganz speziell an mich denkt. Aber ich glaube nicht dran. Ich glaube eher an den Zufall.“ Auf ein Jenseits hofft der Wahl-Münchner allerdings sehr wohl. Er stellt es sich als einen Zustand vor, „in dem alle Widersprüche aufgehoben sind, in dem es keine Wünsche gibt“ und folgert: „Es ist dann die unendliche Liebe.“ (Karin Hammermaier)