München – Er stand nie im Rampenlicht, dennoch war sein Leben nicht minder aufregend. Otto, König Ludwigs II. jüngerer Bruder, schwärmte für Ballett und die Frauen. Als Prinz ging er auf Grand-Tour, erreichte auch das heilige Land und beteiligte sich an zwei Kriegen. Und er war ein Gefangener. Gefangen in seiner eigenen quälenden Psyche. Das Dasein eines Einsiedlers fristend ein halbes Leben lang. Da nutzte es nicht, dass seine protestantisch-preußische Mutter Marie zum Katholizismus konvertierte, in der Hoffnung, damit an höchster Stelle, die Gesundheit ihrer Kinder zu erwirken.
33 Jahre wurde Otto im Schloss Fürstenried in Isolationshaft gehalten, von wo aus sein Blick vom Fenster immer wieder starr auf die Münchner Frauenkirche gerichtet war. Sommers wie Winters verbrachte er Stunden im Park, um Erdbeeren zu suchen. Seinen Bruderkönig Ludwig II. hat er dennoch um 30 Jahre überlebt. Um Ludwigs enorme Bau-Schulden abzutragen, wurde der längst von ihm Entmündigte nach dessen Tod zum König ernannt. Als Ottos Stellvertreter regierte de facto Prinzregent Luitpold.
Lange Amtszeit
Ironie der Geschichte: Otto hat Bayern zwar keinen einzigen Tag regiert. Aber seine Amtszeit als bayerischer König von Gottes Gnaden übertraf diejenige sämtlicher Wittelsbacher Könige vor und nach ihm. Dabei sollte man ihn nicht, wie es so oft geschieht, mit seinem Onkel und Taufpaten Otto I. von Griechenland verwechseln.
Kaum ein Münchner hat den an einer ausgewachsenen Psychose leidenden König damals zu Gesicht bekommen. Verständlich, dass es in der Gerüchteküche schon damals brodelte: „Hat er am End` gar nicht gesponnen?“ fragt der Historiker Alfons Schweiggert bei seiner Buchpräsentation in der Münchner Buchhandlung „Lesetraum“. 20 Jahre lang hat er sich eingehend mit dem Lebensbild Ottos (1848-1916) beschäftigt. Als bemerkenswertes Ergebnis herausgekommen ist die spannende Biografie mit dem Titel: „Bayerns unglücklichster König. Otto I., der Bruder Ludwigs II.“ (Verlag Sankt Michaelsbund).