Jerusalem - Kaum entdeckten die Frauen das leere Grab Jesu, berichteten sie den Aposteln davon, so der Evangelist Lukas. Doch statt dorthin - wie in derselben Erzählung des Paulus - machten sich zwei der Jünger begriffsstutzig und ungläubig auf nach Emmaus. Aber wohin gingen sie genau? Nimmt man die verschiedenen Traditionen zusammen, findet sich jenes Örtchen, das im beliebten Evangelium des Ostermontags nur ein einziges Mal in der Bibel vorkommt, mindestens dreimal auf der Landkarte.
60 Stadien sei Emmaus von Jerusalem entfernt, gibt Lukas dem Leser als einziges mit auf den Weg. Aus dem Römischen umgerechnet: 60 mal 185,22 Meter, also 11,1132 Kilometer. Andere Zeugnisse, darunter zwei frühe Landkarten sowie Bibelhandschriften, sprechen von 160 Stadien, grob gerundet sind das 30 Kilometer, und damit fast dreimal soweit.
Favorit der Franziskaner
Eine doppelte Verortung heiliger Stätten ist nicht ungewöhnlich. Blickt man aber auf Emmaus, den ersten wichtigen Ort nach dem Osterereignis, möchte man sagen: Es gibt eine große Anzahl. Reduziert auf die ernstzunehmenderen Kandidaten bleibt etwa Abu Gosch, das arabische Örtchen an der Autobahn zwischen Tel Aviv und Jerusalem. Etwas weiter, immer noch im Einzugsbereich der wichtigsten Ost-West-Verkehrsachse nahe Latrun, liegt "Emmaus Nikopolis" oder auch Amwas. Der dritte Kandidat und Favorit der Franziskaner als Hüter der katholischen heiligen Stätten liegt jenseits der grünen Linie und ist damit der einzige auf palästinensisch verwaltetem Grund: Emmaus-Qubeibeh steht seit 700 Jahren und bis zum heutigen Tag im Ruf, das biblische Emmaus zu sein.
Zu den 160-Stadien-Kandidaten zählt Nikopolis, wo Grabungen Bebauungsreste diverser Jahrhunderte zutage förderten: Befestigungsanlagen aus der Zeit der Hasmonäer, jüdische Gräber aus dem 1. Jahrhundert sowie Badehaus, Ölpressen und Gräber samt allerlei Beiwerk wie Keramiken und Schmuck aus römisch-byzantinischer Zeit. Allen voran Kirchenväter wie Origines und Eusebius identifizierten Nikopolis mit dem biblischen Emmaus, entsprechend zählt eine byzantinische Kirche zu den Funden des heutigen Nationalparks - an deren Apsismauern auch Überreste einer Kirche aus Kreuzfahrerzeit gefunden wurden.