Neues Buch von Peter Longerich

Einblick in Hitlers Kirchenpolitik

Peter Longerich, Zeithistoriker und Professor an der Münchner Universität der Bundeswehr, analysiert in seiner neuen Hitler-Biografie ausführlich die Kirchenpolitik des Diktators. Dabei habe Hitler sein ursprüngliches Ziel aus taktischen Erwägungen aufgegeben. Die moralische Autorität der Kirche aber habe gelitten, so Longerich.

Hitler 1933 im Frankfurter Römer (Archivbild: Münchner Kirchenzeitung) © Münchner Kirchenzeitung

München – Die Kirchenpolitik habe eine wichtige Rolle gespielt für die zentrale Zielsetzung Hitlers, "das deutsche Volk zu einer Kampfgemeinschaft" zu formen, begründet der Historiker die Bedeutung dieses Themenfelds, das er in seiner Biografie durchgängig thematisiert. "Wenn man sich die einzelnen Politikfelder ansieht, dann gehörte die Kirchenpolitik als zentrales Thema dazu, nämlich die Idee, die katholische Kirche als einen eigenständigen, auch politischen Faktor auszuschalten und die verschiedenen protestantischen Kirchen unter nationalsozialistischer Führung gleichzuschalten", erklärt Longerich Hitlers urpüngliche Zielsetzung. Letztlich sei Hitler aber mit seiner Kirchenpolitik etwa 1937 "stecken geblieben", und habe die "große Abrechnung" mit den Kirchen auf die Zeit nach dem Kriegsende verschoben.

Grenze im Umgang mit Kirchen

Hitler habe sich entschlossen, quasi eine eine Art provisorischen Waffenstillstand mit den Kirchen einzugehen. Er hatte abzuwägen, ob er die Kirchen in der Phase der Aufrüstung und Kriegsvorbereitung gegen sich haben wollte oder ob er doch auf ihre Unterstützung zählen konnte im öffentlichen Meinungsklima: "Da muss man sehen, dass es sowohl im katholischen wie im protestantischen Bereich Lager gab, die nicht bereit waren, für das Regime bestimmte Grundsätze des christlichen Glaubens aufzugeben", betont der Historiker: "Da sind solche Dinge wie Abnahme der Kreuze in den Schulen auf massiven Widerstand gestoßen. Es hab da eine gewisse Grenze gegeben, die nicht überschritten werden durfte." Andernfalls wäre die Entstehung einer "fundamentalen Opposition" zu befürchten gewesen, das wollte das Regime verhindern.

Deutlich konstatiert Longerich, dass die moralische Kraft der katholischen Kirche erheblich gelitten habe seit dem Konkordat 1933, mit dem die katholische Kirche den "politischen Raum aufgegeben" habe. Doch Eingriffe in Kernbestandteile des Glaubens, etwa beim freien Zugang zu Gottesdiensten, seien von der kirchlich gebundenen Bevölkerung nicht hingenommen worden. In anderen Bereichen dagegen habe sich das Regime durchgesetzt, etwa mit der Verfolgung der Juden christlicher Konfession oder in Fragen der sogenannten Euthanasie, gegen die es Proteste der Kirche gab aber eben "keinen Aufstand in der katholischen Bevölkerung".

Peter Longerich ist Spezialist für den Nationalsozialismus und den Holocaust, außerdem Autor von Biografien über Heinrich Himmler und Joseph Goebbels. (gh)