Folgen von Corona

Ein "Tragerl Andechser Bier" könnte für vieles helfen

Die Corona-Krise trifft die Benediktinerabtei Sankt Bonifaz samt Kloster Andechs in vielfacher Weise. Abt Johannes Eckert über die Einschränkungen, aber auch darüber, wie Humor in schweren Zeiten guttun kann.

"Wir bleiben quasi bodenständig, wenn wir miteinander lachen", sagt Abt Johannes Eckert © SMB

Abt Johannes, der Brauch des Osterlachens wird von Ihnen seit Jahren gepflegt. Auch in der Osternacht 2020 haben Sie nicht auf einen Witz verzichtet. Fällt Ihnen das Lachen in diesen Tagen nicht zunehmend schwer?

Abt Johannes Eckert: Klar, es sind ernste Zeiten, die wir durchleben. Und trotzdem ist es notwendig, den Humor nicht zu verlieren. Denn dieser ist etwas ganz Wichtiges für die Seele. Humor und Demut haben im Lateinischen denselben Wortstamm. Wir bleiben quasi bodenständig, wenn wir miteinander lachen. Es geht nicht darum, etwas ins Lächerliche zu ziehen, aber gemeinsames Lachen macht vieles erträglicher. Und Humor ist zudem eine gute Therapie gegen jede Form der Depression.

Bei Ihnen fallen die öffentlichen Gottesdienste aus, die Obdachlosenhilfe im Münchner Kloster musste zurückgefahren werden und auf dem Heiligen Berg bleiben die Gaststätten und Biergärten leer. Hilft da nur noch Beten? Oder besser der Genuss von ein paar Bier mehr aus der eigenen Brauerei?

Eckert: Unsere beiden Seelsorgsklöster sind mit einer ganz eigenartigen Situation konfrontiert. Wir spüren, wie uns die Menschen, die sonst kommen, auf unterschiedliche Weise fehlen. Seien es die Obdachlosen, die Gottesdienstbesucher, die Wallfahrer oder die Gäste des Bräustüberls. Das schmerzt sehr.

Und die wirtschaftlichen Sorgen?

Eckert: Die kommen noch dazu. Denn wir kriegen ja keine Kirchensteuer, sondern müssen das Geld für den Orden und seine sozialen Dienste selber erwirtschaften. Das stellt eine große Herausforderung dar. Von daher sind wir jedem dankbar, der unseren Getränken treu bleibt und sich vielleicht zusätzlich jetzt ein Tragerl Andechser Bier kauft.

Gibt es in Andechs "Essen to go"?

Eckert: Da liegt Andechs zu abgelegen. Aufgrund der Ausgangsbeschränkungen sollen schließlich keine Ausflüge gemacht werden. Abgesehen von ein paar Spaziergängern ist es am Heiligen Berg derzeit menschenleer. Unseren großen Parkplatz haben wir dem Landratsamt zur Verfügung gestellt, damit dort Corona-Schnelltests gemacht werden können.

Die Kulturveranstaltungen im Floriansstadl ...

Eckert: ... sind alle abgesagt, der Klosterladen geschlossen. Einfach trostlos. Jetzt wäre die Wallfahrtssaison losgegangen. Doch weil große Menschenansammlungen auf absehbare Zeit nicht erlaubt sind, werden diese vorerst alle nicht stattfinden.

Wie schaut es mit der Obdachlosenhilfe in München aus?

Eckert: Wir sind sehr bald schon dazu übergegangen, täglich zwischen 10.00 und 11.00 Uhr Lunchpakete auszugeben. Aktuell sind es 170. Ich bin den ehrenamtlichen Helfer dankbar, dass sie die Brote streichen und die Pakete herrichten. Die Arztpraxis hat in eingeschränktem Maß noch geöffnet. Unseren Gästen geht das Haneberg-Haus als Treffpunkt ab. Es ist für sie ein Stück Heimat; deshalb tut es weh zu sehen, wie sie davor in der Schlange stehen.

Öffentliche Gottesdienste bleiben vorerst noch ausgesetzt. Gespräche der Politik mit Vertretern der großen Kirchen und Glaubensgemeinschaften laufen aber ...

Eckert: Ich finde es sehr gut, dass der Dialog gepflegt wird. Es ist ja doch ein großer Einschnitt in die Religionsfreiheit. Ich verstehe aber die staatliche Sorge, dass es in Gottesdiensträumen, wenn sie nicht groß genug sind, schwierig ist, die hygienischen Vorschriften und den Abstand einzuhalten. Man muss intensiv im Gespräch bleiben und miteinander ringen. Nicht gut fände ich, wenn Einzelne vorpreschten. Man sollte möglichst einheitlich vorgehen.

Gibt's Positives in diesen Zeiten anzumerken?

Eckert: Etwas Schönes ist, dass das Thema Hauskirche neu entdeckt wird. Wir Benediktiner sind in unserer Spiritualität durchs Stundengebet geprägt. Solche Formen kann man gut zu Hause pflegen.

Wie waren die Rückmeldungen auf Ihre Livestreams?

Eckert: Sehr positiv. Wir sind für die Übertragungen bewusst in die Chorkapelle gegangen. Denn dieser Raum entspricht einer kleiner Gemeinschaft. Die Nutzer fühlen sich so mit uns besser verbunden und feiern nach wie vor die Gottesdienste mit. Das ist beachtlich, weil das Mitbeten und Mitsingen vor dem Bildschirm gar nicht so leicht ist.

Wie wird die Kirche aus dieser Corona-Krise hervorgehen?

Eckert: Ich hoffe, nachdenklicher. Man spürt jetzt, wie stark unser Leben in der Kirche auf Gemeinschaft angelegt ist. Dies sollte wieder mehr wertgeschätzt werden, auch die Nähe an sich oder in den Sakramenten. Hinterher wird es mit Sicherheit mehr Seelsorgebedarf geben. Schon jetzt wird deutlich, wie manche Menschen in gesundheitliche, wirtschaftliche, ja existenzielle Nöte geraten. Vermutlich wird auch unser Haneberg-Haus in den kommenden Jahren noch stärker frequentiert werden.

Haben Sie dennoch einen aufheiternden, kurzen Witz parat?

Eckert: Ein Lieblingswitz von mir ist jener vom Maxl, der im Religionsunterricht einschläft. Die Lehrerin stupst ihn an und sagt: "Was bist denn du für einer?" Und er wacht auf, blinzelt und sagt: "Ein aufgewecktes Kerlchen." - Das ist auch mein Wunsch für die Osterzeit: dass wir uns immer aufwecken lassen. (Interview kna)

Dieser Artikel gehört zum Schwerpunkt Corona - Pandemie