Segnung in Rosenheim

Studierendenwohnheim: Ein Ort von lebendiger Ruhe

Mit der Segnung seiner Räume ist das neue Studierenden-Wohnheim Sankt Sebastian in Rosenheim endgültig seiner Bestimmung übergeben worden. Bereits im vergangenen Herbst waren die ersten Bewohner in das ehemalige Kloster eingezogen.

Kardinal Reinhard Marx bei der Segnung der Räume, links im Bild Heimleiterin Lisa Bierwirth © Kiderle

Rosenheim – „Segne dieses Haus und lass alle in ihm in Freude miteinander wirken zu Deiner Ehre, zum Wohl der Menschen. Schenke uns Deinen Geist, damit wir mit seiner Hilfe das Ziel unserer Arbeit erreichen. Darum bitten wir durch Christus unseren Herrn, Amen.“ Kardinal Reinhard Marx segnet das neue Studierenden-Wohnheim Sankt Sebastian in Rosenheim. Er sei gern hergekommen, sagt er hinterher, die innovative Idee, das alte Kloster umzubauen, hat dem Erzbischof von Anfang an Freude gemacht.

Das neue Wohnheim – modern und ansprechend

Denn wo heute Studenten leben und lernen, waren über 400 Jahre Ordensbrüder und zuletzt auch -schwestern zu Hause. Aber es kam kein Nachwuchs nach. Als die Franziskanerinnen und Franziskaner 2017 das Haus aufgeben mussten, sah sich die Erzdiözese vor die Aufgabe gestellt, das Klosterareal in der Rosenheimer Innenstadt mit neuem Leben zu füllen. Als dann die neue Nutzung feststand, wurde den historischen Gebäuden nicht nur ein neuer Anstrich verpasst: Das Kerngebäude wurde generalsaniert, ein Anbau abgerissen und durch einen Neubau in Massivholzbauweise ersetzt. Entstanden sind hier helle, freundliche Räume mit großen Fensterflächen und sichtbaren Holzdecken. 33 Zimmer bietet der Anbau, noch einmal 27 gibt es im historischen Klostergebäude, die meisten mit eigenem kleinen Bad. Und auf jedem Stockwerk sind Gemeinschaftsküchen eingebaut, in denen sich die Studentinnen und Studenten zum Kochen, Ratschen, Lernen und Diskutieren treffen.

Insgesamt 8,4 Millionen Euro wurden in das Wohnheim investiert. Davon kommen 1,96 Millionen Euro vom Freistaat Bayern, eine weitere halbe Million Euro über die Kreditanstalt für Wiederaufbau (KfW). Mit seinem Projekt trägt das Erzbistum auch dazu bei, den Mangel an Wohnungen, speziell für Studentinnen und Studenten, aufzufangen. Außerdem, betont Kardinal Reinhard Marx, sei ihm das Thema Bildungsgerechtigkeit besonders wichtig: es sei nicht nur darum gegangen, ein Haus für Studierende zu haben, sondern Wohnraum zu schaffen, der erschwinglich sei. Mit einer maximalen Kaltmiete von 215 Euro pro Zimmer liegen die Mieten deutlich unter den marktüblichen Preisen. Und: Die künftigen Bewohner müssen sich bewerben, so dass vor allem finanziell weniger gut ausgestattete Studierende zum Zug kommen.

Entscheidend: Gemeinschaft und Teilhabe

Wichtig ist Kardinal Marx auch, dass mit St. Sebastian nicht nur ein Wohnheim, eine Unterbringung für junge Leute geschaffen wurde. Es gehe auch darum, dass ausländische Studierende zusammen mit den Lernenden von hier zusammenleben würden. „Und es geht darum, dass Menschen mit verschiedenen Weltanschauungen und Kulturen versuchen, sich zu verstehen. Da können wir als Kirche einen kleinen Beitrag leisten!“

Im neuen Wohnheim geht es nämlich ganz entscheidend um „Gemeinschaft“, einer der prägenden Begriffe in der Kultur der neuen Heimat für 60 Studierende. Genauso wie das Wort „Partizipation“: Gemeinsam wollen die neuen Mieter „ihr“ Wohnheim gestalten, erklärt Heimleiterin Lisa Bierwirth. In den wenigen Monaten seit dem Einzug im vergangenen Wintersemester haben die Bewohner bereits eine Sport-AG gegründet, ein Volleyball-Feld für den Sommer ist im großen Garten entstanden. Entscheidungen über das Zusammenleben werden auf den Stockwerken gemeinsam getroffen. „Die Studenten haben das Wohnheim schon in den ersten Monaten mit Leben gefüllt und eine Gemeinschaft begonnen“, erklärt die 30-jährige Haus-Chefin. Ihr sei wichtig, dass junge Leute in stressigen Prüfungssituationen oder allein in einer neuen Stadt eine Gruppe hätten, die sie auffange, so Bierwirth. So habe es am Anfang auch einen Run auf die Zimmer gegeben, inzwischen sei es ruhiger geworden: 58 der 60 verfügbaren Wohnplätze sind im Augenblick belegt.

Religiöse Inhalte als Angebot

Obwohl das Haus in kirchlicher Trägerschaft betrieben wird, ist es kein konfessionelles Haus: Bei den Bewerbern spielt der religiöse Hintergrund keine Rolle, es gibt keine verpflichtenden Veranstaltungen.  Nichtsdestotrotz hat sich der katholische Hochschulseelsorger Karl-Heinz Lehner bereits in den ersten Monaten des Wintersemesters engagiert: „Zum Beispiel hat es einen Vortrag gegeben „Als das Wohnheim noch ein Kloster war“, mittwochs trifft sich eine Gruppe von Studenten zur Meditation – aber alles sehr unaufdringlich.“ Da sein, wenn man gebraucht wird, mit einem Angebot, das aber niemandem übergestülpt wird, so will der Hochschulseelsorger auch weiterhin das Wohnheim begleiten.

Die Studentinnen und Studenten wissen es zu schätzen. Denn ihnen allen ist sehr wohl bewusst, dass sie in einem ehemaligen Kloster wohnen. „Man merkt gar nicht, dass man mitten in Rosenheim lebt. In diesen alten Mauern – da überkommt einen wirklich die Ruhe!“, sagt die Holz- und Ausbaustudentin Alwine Fey. Sie habe sich noch nirgends außerhalb der Heimat so wohl gefühlt, strahlt sie. Und Nils Waldmann, der Bauingenieurwesen studiert, ergänzt: „Das Wohnheim ist ein Ort der Geborgenheit – man kann noch so gestresst von der Hochschule kommen: hier kann man runterfahren!“

Der Autor
Willi Witte
Radio-Redaktion
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