Förderstätte Steinhöring

Ein Ort der Lebensfreude

Am ersten Advent, der auch der sogenannte "Jugendopfersonntag" ist, werden Spenden für die Sanierung der Förderstätte Steinhöring gesammelt. Das Geld soll für ein großes Bauvorhaben verwendet werden.

In der Förderstätte Steinhöring wird Menschen mit Behinderung „Arbeit und ein sinn- erfülltes Leben“ ermöglicht. © KJF

Steinhöring  Auf dem Gelände des Einrichtungsverbundes Steinhöring (EVS) ist Ankunftszeit. Busse fahren im Innenhof ein, ein lautes Juchzen ist zu hören. Christine B. freut sich auf ihren Tag in der Förderstätte. Eine Mitarbeiterin holt sie vom Bus ab und begleitet sie in die hellen Räume. Die Förderstätte Steinhöring (Dekanat Ebersberg) der Katholischen Jugendfürsorge (KJF) bietet für Menschen mit schwersten und mehrfachen Behinderungen verschiedene individuelle Förderangebote. Wer so schwer beeinträchtigt ist, dass eine Tätigkeit in der Werkstatt nicht möglich ist, wird hier gefördert und begleitet.

Der Tagesablauf orientiert sich an den Bedarfen der einzelnen Teilnehmer. Christine arbeitet gerne an verschiedenen Aufgaben mit. Mit Hilfe einer Vorrichtung entfernt die junge Frau im Rollstuhl, die ihre Arme und Hände nur sehr eingeschränkt bewegen kann, mit einer Hand Lavendelblüten vom Stängel. Diese werden dann in Säckchen verpackt und zum Kauf angeboten. In einer anderen Gruppe entfernt Benedikt den Kaffeesatz aus Aluminium-Kapseln. Aus den Kapseln erstellen die Teilnehmer der Gruppe mit Unterstützung der Mitarbeitenden schöne Schmuckstücke. „Die Teilnehmer der Förderstätte werden auf kreativem Weg zu Arbeitstätigkeiten angeleitet. Dabei konzentrieren wir uns auch auf die Wiederverwendung von Materialien. Jeans oder Hemden werden bei uns in Taschen oder Kissenbezüge umgearbeitet“, erzählt Sabrina Wörz, die Einrichtungsleiterin der Förderstätte.

Arbeit und sinnerfülltes Leben

Mit dem Ziel, Menschen mit Behinderung „Arbeit und ein sinnerfülltes Leben“ zu ermöglichen, gründete die KJF München vor fast 50 Jahren den Einrichtungsverbund Steinhöring. Das älteste Gebäude auf dem Gelände besitzt eine wechselvolle Geschichte. In der Zeit des Nationalsozialismus wurde in dem Gebäude der erste Lebensborn des sogenannten „Dritten Reiches“ eröffnet. Diese Einrichtung der SS war Teil der nationalsozialistischen Rassenhygiene und diente als Entbindungsheim für Frauen, die dem Bild der arischen Mutter entsprachen.

Zur gleichen Zeit wurde eine große Zahl von Menschen mit Behinderung und Menschen mit psychischen Erkrankungen im Rahmen der „Aktion Tiergarten 4“ systematisch ermordet. „Dass in diesem Gebäude nun Menschen mit schwersten Behinderungen unterstützt werden, ist eine ständige Mahnung daran, dass sich Selektion und Abwertung von Menschen mit Behinderung nicht wiederholen dürfen“, erläutert Gertrud Hanslmeier-Prockl, Gesamtleiterin des Einrichtungsverbunds Steinhöring. Daher ist es der KJF München ein wichtiges Anliegen, dieses Haus zu sanieren.

Ein deutlich größerer Aufzug, die Modernisierung der Sanitäranlagen, neue Fenster und ein echter Vollwärmeschutz sind dringend erforderlich, um die Begleitung von Menschen mit schwersten Behinderungen zeitgemäß zu ermöglichen. Das größte Problem ist das Wassernetz. Es ist marode und passt nicht mehr zur aktuellen Nutzung, denn früher waren in dem Haus sowohl die Wäscherei als auch die Großküche des Geländes untergebracht. Auch alle Brandschutzeinrichtungen und elektrischen Anlagen müssen komplett erneuert werden.

30 Prozent Eigenmittel erforderlich

Das Bauvorhaben kostet acht Millionen Euro. Dennoch kommt ein Abriss des Hauses nicht infrage. Ein Neubau käme über 20 Prozent teurer als eine Sanierung. Im März 2018 wurde das Sanierungsvorhaben bereits zum vierten Mal in den Landesbehindertenplan der Regierung von Oberbayern eingegeben und nun endlich genehmigt. Damit ist sichergestellt, dass Fördermittel durch die Regierung und den Bezirk fließen können.

In der Regel sind aber mindestens 30 Prozent Eigenmittel erforderlich. Zudem wird die Sanierung der Kapelle und verschiedener Büroräume, die ebenfalls in dem Gebäude untergebracht sind, nicht gefördert. Hanslmeier-Prockl rechnet mit einer Förderung in Höhe von etwa 3,6 Millionen Euro. Auch das Erzbischöfliche Ordinariat beteiligt sich mit einer Million Euro Zuschuss. Die Kollekte des Jugendopfersonntags soll ebenfalls helfen, den Eigenanteil zu bestreiten.

Gruppe der Senioren wird wachsen

Das Geld wird gut angelegt sein, denn in den nächsten Jahren werden zusätzliche Plätze in der Förderstätte benötigt, die nach der Sanierung angeboten werden können. Neben der Förderstätte befinden sich auch Räume der Seniorentagesstätte in diesem Gebäude. Die Gruppe der Senioren wird in den nächsten Jahren stetig anwachsen, denn immer mehr Bewohner erreichen das Rentenalter. In der Seniorentagesstätte können sie tagsüber verschiedene Angebote wahrnehmen und soziale Kontakte pflegen. Durch Schaffung weiterer Einzelräume können nach der Sanierung zukünftig mehr Personen tagsüber begleitet werden. Zur Jahreswende 2022 sollen die Arbeiten abgeschlossen sein. (Gabriele Heigl, KJF-Pressesprecherin)

Jugendopfersonntag


Der erste Adventssonntag wird als „Jugendopfersonntag“ bezeichnet. Die Kollekten, die am Sonntag, 29. November, in den katholischen Kirchen der Erzdiözese gesammelt werden, kommen der Arbeit und Einrichtungen der Katholischen Jugendfürsorge (KJF) München zugute, heuer speziell der Einrichtung in Steinhöring.

Dieser Artikel gehört zum Schwerpunkt Advent & Weihnachten