Religiöser Buchtipp

Ein Appell an Kirche und Christen, die Zukunft zu retten

In seinem Buch "Handelt!" schaut Jesuitenpater und Sozialwissenschaftler Jörg Alt auf die sozialen und ökologischen Probleme unserer Zeit und ist überzeugt: Gott gibt Kraft zum Wandel. Sehen Sie die Videorezension zum Religiösen Buch des Monats Juni.

Alois Bierl über das Religiöse Buch des Monats Juni. © SMB

Die Welt nach der Corona-Krise wird eine andere sein, war in den letzten Wochen häufiger zu lesen. Aber wie sollte sie aussehen? Nur Mundschutz zu tragen und mindestens 1,50 m Abstand zu anderen Menschen zu halten, was jetzt als "neue Normalität" ausgegeben wird, reicht dazu ja wohl nicht. Aber wie soll sie dann aussehen? Und was haben die Christen dazu beizutragen?

Der Jesuit Jörg Alt präsentiert in seinem Buch die Vision einer sozial gerechteren und ökologisch nachhaltiger gestalteten Zukunft auf Grundlage der katholischen Soziallehre. Er nimmt dabei eine europäische Perspektive ein und lässt die Staaten der EU angesichts der globalen Herausforderungen wie Klimawandel, Finanz- und Offshore-Kapitalismus und Gefährdung der Demokratie (die Corona-Pandemie war bei Abschluss des Manuskripts noch nicht abzusehen) enger zusammenrücken. Sie verabschieden ein Bündel von Maßnahmen, das "das Wohl der vielen über die Profite der wenigen" stellt und den "Produktions- und Konsumstil sozial gerecht und ökologisch nachhaltig" umbaut.

Sehen - Urteilen - Handeln

Seine Vision stützt Alt auf eine Analyse der Gegenwart im klassischen Dreischritt Sehen - Urteilen - Handeln. Als Ursache für die "richtig großen Probleme der Gegenwart" macht er im Kapitel "Sehen" die neoliberale Spielart des Kapitalismus aus, die zu einer Krise der Demokratie geführt habe. Verstärkt werde das durch den Lebensstil und das Konsumverhalten eines jeden Einzelnen. Im Kapitel "Urteilen" bewertet er diese Befunde mit den Maßstäben, die die Bibel und die Katholische Soziallehre zur Verfügung stellen. Im Kapitel "Handeln" setzt er bei den Einzelnen an, auf deren Handeln es ankomme.

Unterstützung könnten diese Einzelnen z. B. bei der Katholischen Kirche finden, wenn, ja wenn sie aufhören würde, sich vor allem mit sich selbst zu beschäftigen. Die weltweit ca. 1,3 Milliarden Katholiken (und 2,2 Milliarden Christen) setzen sich bereits (vereinzelt) für die Umsetzung des Pariser Klimaabkommens ein oder für ökologische und gerechte Produktions- und Handelspraktiken.

An einer menschenfreundlicheren Zukunft arbeiten

Diese "Anwaltschaft müsste freilich viel offensiver, häufiger, koordinierter und auch parteiischer geschehen. Ausgewogenheit ist nicht die Aufgabe des prophetischen Protests, ebenso ist Parteinahme eine Verpflichtung aufgrund der vorrangigen Option für die Armen", so Jörg Alt. Außerdem haben Kirchengemeinden und kirchliche Gruppierungen die Möglichkeit, im Kleinen auf die Ursachen für die Krise zu reagieren und sich dabei auch mit anderen Gruppierungen zusammenzuschließen. 

Jörg Alt legt damit ein engagiertes, klar strukturiertes und allgemein verständlich gehaltenes Plädoyer vor, nach christlichen Maßstäben an einer menschenfreundlicheren Zukunft zu arbeiten und auch dann nicht aufzugeben, wenn (mal wieder) die "Mächte des Bösen gewinnen und dem Guten Schaden zufügen". Ein Buch, dem man viele, viele Leserinnen und Leser wünscht, die dann auch handeln.

Religion und Glaube

Die beiden katholischen Büchereiverbände in Deutschland, der Sankt Michaelsbund und der Borromäusverein, haben das Buch zum "Religiösen Buch des Monats Juni 2020" gewählt. Seit dem Jahr 2000 zeichnen die beiden Verbände jeden Monat ein Buch aus. Das Anliegen der Auszeichnung ist es, Bücher zum Thema Religion und Glauben in ihrer Bandbreite bekannter zu machen. Dazu wählen die Lektorate monatlich ein Buch aus, das aus Sicht des christlichen Glaubens ein grundlegendes Thema aufgreift wie Orientierung und Sinn im Leben, Gemeinschaft, gesellschaftliche Verantwortung. Diese Bücher geben Rat in verschiedenen Lebenssituationen, greifen Lebensschicksale auf, regen an, das Leben und den Jahreskreis bewusst zu gestalten oder tragen zu gesellschaftlichen und kirchlichen Debatten bei. Die Bücher erreichen so Menschen, die sich Fragen der Gesellschaft und den eigenen biografischen Herausforderungen bewusst stellen wollen und diese Fragen im Licht des religiösen Glaubens reflektieren und vertiefen.

Buchtipp

Handelt!

Christen und ihre Kirchen verzetteln sich derzeit in ihren vielen internen Themen und vernachlässigen dabei ihren Einsatz für die großen Herausforderungen unserer Zeit: die realen Gefahren von Finanzkapitalismus und Ressourcenübernutzung sowie positives und negatives Potenzial technischer Innovation. "Handelt!" von Jörg Alt zeigt, dass Bibel und katholische Soziallehre uns alles Nötige an die Hand geben, um unsere Zukunft sozial gerechter und ökologisch nachhaltiger zu gestalten. Es versteht sich als Weckruf und möchte Leser dazu ermutigen, sich als Christen in diesen Feldern zu engagieren, statt sich in innerkirchlichen Debatten zu verlieren.

18 € inkl. MwSt.

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Dieser Artikel gehört zum Thema Religiöses Buch des Monats