Meinung
Vollversammlung des Diözesanrats

Die andere Seite der Synodalität

Auf der Vollversammlung des Diözesanrats wurde klar: In Sachen Synodalität genügt es nicht, nur auf Entscheidungen des Kardinals zu warten. Die Laien müssen nun selbst aktiv werden.

Die Zeiten, in denen alle auf den Bischof schauen und auf Entscheidungen warten, neigen sich ihrem Ende zu. © Kiderle

Dass sie angesichts von Missbrauch, Krieg & Co. wieder einmal mit schwierigen Themen konfrontiert werden würden, dürfte allen Delegierten des Diözesanrats im Vorfeld der Vollversammlung klar gewesen sein. Die Erkenntnis, dass der Spielball und das Heft des Handelns, was bestimmte Reformen anbelangt, längst auf ihrer Seite liegen, schält sich hingegen nur langsam heraus. Die Zeiten, in denen alle auf den Bischof schauen und auf Entscheidungen warten, neigen sich ihrem Ende zu; der Blick richtet sich nun zunehmend auf die Laien selbst. Der Appell des Vorsitzenden an die Räte, ihren eigenen Beitrag zur Synodalität und die damit verbundenen Pflichten zu durchdenken, war folgerichtig und dürfte noch nachwirken.

Trotz aller Reformbereitschaft, die sowohl die Bistumsleitung als auch der Diözesanrat teilen, blieben auch in Wolfratshausen viele Fragen zur näheren Zukunft offen. Bereits vier Jahre sind seit dem Beschluss von deutschen Bischöfen und Laien vergangen, sich auf einen Synodalen Weg aufzumachen, aber noch immer wird um den diffusen Begriff der Synodalität gekreist, als stehe man vor einer Nebelwand. Noch immer ist verblüffend unklar, was Synodalität im Erzbistum München und Freising konkret bedeuten soll und kann – und wann.

Weiterhin transparente Führung gefragt

Einerseits ist hier weiterhin transparente Führung durch Kardinal Marx gefragt, der jedoch mehrere kritische Fragen aus dem Plenum nur ausweichend und nicht zur Zufriedenheit des jeweiligen Fragestellers beantworten mochte. Andererseits kommt es nun aber verstärkt auf die Laienvertreterinnen und -vertreter selbst an, die in der Vollversammlung eine derart friedliche Einmütigkeit an den Tag legten, dass man irritiert fragen mochte: Erfordern denn kontroverse Themen – wie Krieg und Frieden, Änderungen der kirchlichen Lehre oder die pastorale Zukunft des Erzbistums – nicht auch kontroverse Debatten? Braucht es hier nicht mehr Reibung und mutigere Auseinandersetzungen? Vielleicht ist die Vollversammlung tatsächlich nicht der richtige Ort dafür, vielleicht dient sie mehr der Information und dem Zusammengehörigkeitsgefühl, während nur in spezielleren Gremien tatsächlich debattiert und gestritten wird – aber genau dieses wäre zu klären und zu kommunizieren.

Der Erzbischof hat oft genug klargemacht, dass er Macht teilen will, und inoffiziell gibt es im Erzbistum längst Segnungen für homosexuelle Paare wie auch Predigten durch Nichtgeweihte. Das beweist: Gestaltungsspielräume existieren bereits! Nun stehen – neben den Seelsorgern vor Ort – endgültig auch alle Laien in der Pflicht: Sie dürfen und müssen benennen, wie sie ihr künftiges Engagement und insbesondere ihre Seite der Synodalität zu gestalten gedenken.

Der Redakteur
Joachim Burghardt
Münchner Kirchenzeitung
j.burghardt@michaelsbund.de