Namenstagsgeschenk einer Heiligen

Die 100-jährige Anna Knörchen über ihre Weggefährting Edith Stein

Auf zwei Kinder, vier Enkel, vier Urenkel und ein ganzes Jahrhundert kann Anna Maria Knörchen verweisen. Und doch ist es die Begegnung mit einer einzigen Person, die ihr Leben besonders geprägt hat.

Schwester Teresia Benedicta. © imago

Anna Knörchen, inzwischen 100 Jahre alt, dürfte eine der letzten Lebenden sein, die ihr so nahe gekommen sind. Kennengelernt hat sie Edith Stein im Karmel in Köln, wo „Anni“ als Hauswirtschafterin arbeitete und auch wohnte. Ab 1933 sei Stein fast täglich ins Kloster zur Messe gekommen, berichtet die kleine Frau, die heute bei Tochter und Schwiegersohn in einem Kölner Vorort lebt. „Ihr Entschluss stand fest, in den Karmel einzutreten“, so die Seniorin. Stein sei „tieffromm, gläubig und bescheiden“ gewesen.

Am 12. Oktober 1933 wurde Stein als Postulantin aufgenommen. Die angehende Ordensfrau, die in Philosophie promoviert hatte, sei zu allen freundlich und hilfsbereit gewesen – auch zu der damals 18-jährigen Angestellten. „Sie konnte Reden halten!“, sagt die alte Dame lebhaft. „Sogar im Speyerer Dom hat sie Vorträge gehalten.“ Dennoch: „Ihr Bett hat sie schon mal selber gemacht, um mir Arbeit abzunehmen.“ Auch bei anderen Aufgaben habe die Wissenschaftlerin keine Ausnahmen für sich geduldet. Aufhebens um ihre Person mochte sie gar nicht. „Sie ist so leise durchs Haus gehuscht, dass man es kaum bemerkt hat.“ Unter welch schlichten Bedingungen die Ordensfrauen lebten, zeigt ein Detail, an das sich die 100-Jährige erinnert: Gegen die Kälte in ihren Schlafkammern nahmen sie aus der Küche glühende Briketts mit aufs Zimmer – statt einer Heizung, die es noch nicht gab. Noch heute geht Anna Maria Knörchen das Schicksal der großen Edith Stein nahe. Besonders in Ehren gehalten hat sie ein ganz spezielles Namenstagsgeschenk, das sie am 26. Juli 1933 von Edith Stein bekam: Thomas von Kempens geistliches Werk „Nachfolge Christi“ – mit persönlicher Widmung einer Heiligen.