Meinung
Debatte um Sterbehilfe

Der Staat sollte sich raushalten

Was ändert die Bundestags-Entscheidung zur Sterbehilfe für einen Menschen, der nicht mehr Leben will? Diese Frage stellt sich Susanne Holzapfel von der Münchner Kirchenzeitung in ihrem Kommentar zum Thema.

(Bild: Sankt Michaelsbund) © Sankt Michaelsbund

Nun also ist es entschieden: Der Bundestag hat die geschäftsmäßige Sterbehilfe in Deutschland verboten. Und nun? Was ändert das für einen Menschen, der darüber nachdenkt, sein Leben zu beenden. Wird er Argumente der einen oder anderen Seite hin- und herwälzen, um sich am Ende für die eine oder andere Fraktion zu entscheiden? Schwer vorstellbar, oder? Wird ein Gesetz ihn abhalten, weil Strafe droht oder gesellschaftliche Ablehnung? Wohl kaum. Es gibt Lebensbereiche, die sich jedwedem staatlichen Einfluss entziehen, mag der Staat seinerseits auch noch so erpicht darauf sein, auch hier mit Gesetzen, Ver- und Geboten einzugreifen.

Unabhängig davon, wie man zum jetzigen Ergebnis steht, stellt sich doch zuallererst die Frage nach einem tatsächlichen Bedarf einer staatlichen Regelung in diesem Bereich. Oder anders gesagt: Wozu sollte man etwas regeln, was meiner Meinung nach keiner Regelung bedarf respektive sich einer derartigen Regulierung entzieht? Es mag viele gute Gründe geben, warum ein Mensch sich selbst in auswegloser Lage dafür entscheidet, sein Leben bis zum letzten Atemzug sozusagen „auszuleben".

Paragrafen spielen dann keine Rolle

Eine gute, gesicherte, palliative Versorgung etwa könnte einer dieser Gründe sein. Die Tatsache, dass der Staat ihm das vorschreibt, wird dabei sicherlich keine Rolle spielen. Vielmehr sind es zutiefst persönliche Erfahrungen, seien sie nun religiös geprägt oder nicht, die einen Mann oder eine Frau bei derartigen Überlegungen leiten. Ängste, Schmerzen, Verantwortung, Selbstbestimmheit, Leidensfähigkeit und vieles mehr sind Kriterien, die eine Rolle spielen, Paragraf soundso, Absatz soundso hingegen wird niemanden beschäftigen, wenn er seine eigene Existenz überdenkt. Das ist sein gutes Recht und kein Mensch sollte sich zum Richter darüber aufschwingen, der seinen Segen gibt oder verweigert.

Wer im christlichen Glauben lebt, wird ohnehin eine weltliche Instanz in dieser Frage nicht akzeptieren. Und all‘ diejenigen, die andere Überzeugungen haben, werden es aller Voraussicht nach ebenso wenig tun. Zu privat, zu intim, zu individuell sind Sterben und Tod, als dass sie einem anderen – respektive einem Gesetz und erst recht einem profitorientierten Geschäftemacher – überantwortet werden könnten oder sollten. Der Staat sollte sich raushalten aus den Momenten, in denen der Mensch einzig und alleine Mensch ist und nicht nur ein Teil dessen, was man Gesellschaft nennt.