Abschied von Benedikt XVI.

Der Papst der Kaisers

Für Bettina und Leonhard Kaiser war die Teilnahme am Requiem von Benedikt XVI. eine Herzensangelegenheit: Das Paar betrachtet den verstorbenen Papst als ihren Ehestifter.

2016 war es soweit: Das Ehepaar Kaiser hat ihren "Ehestifter" Benedikt XVi. persönlich getroffen. © privat

Alles begann, wie es endete. An Silvester – vor dreizehn Jahren. 2009: Leonard Kaiser (heute 56) aus Dorfen in Oberbayern hatte beschlossen, zum Jahreswechsel eine Wallfahrt nach Rom zu machen. „Es war das erste Mal, dass ich Urlaub mit dem Bus gemacht habe“, erzählt der passionierte Rucksacktourist im breitesten bayerischem Dialekt. Doch es sollte sich lohnen. Es ist eine Wallfahrt für katholische Singles unter dem Motto „Silvester mit Gleichgesinnten“. Auch Bettina aus Essen (heute 52)ist dabei. Auf dem Programm stehen neben Touren durch die ewige Stadt die Jahresabschlussandacht im Petersdom, die Neujahrsmesse und eine Audienz beim Papst. Es ist der Beginn einer Beziehung, „in der Benedikt von Beginn an eine besondere Rolle gespielt hat“, verrät Bettina.

Zwei bodenständige Christen, denen authentischer Glaube wichtig ist

Während der fünftägigen Reise lernen sich beide immer besser kennen. Beide suchen nach einem Partner, für den der Glauben auch eine wichtige Rolle im Leben spielt und der Gottesdienstbesuch am Sonntag nicht die Ausnahme, sondern die Regel ist. Bei der Wallfahrt merken sie, dass es in der Gruppe jemanden gibt, bei dem genau das passt. Der Neujahrsvorsatz: Einander besser kennenlernen. „Wir wussten nicht, ob das was wird“, gesteht Bettina. „Da war schon Sympathie da, aber es musste sich dann erst entwickeln.“ Die Romwallfahrt ist dafür zu schnell vorbei.

Zurück in Deutschland folgen viele Telefonate, ein erster gemeinsame Urlaub und ein fortlaufender Austausch über den Glauben und die Lebensvorstellungen. „Da haben wir gemerkt, wir sind auf dem gleichen Weg unterwegs“, sagt Bettina. Immer häufiger besuchen sich die beiden auch gegenseitig in ihren Heimatorten. Sie kommt nach Oberbayern, er fliegt ins Ruhrgebiet. „Da sind schon Welten aufeinandergeprallt – auch sprachlich“, sagt sie. „Du koost imma no koa Deitsch“, scherzt er. Auch zu den restlichen Romwallfahrern halten die beiden Kontakt. Eineinhalb Jahre nach der Wallfahrt, bei einem gemeinsamen Nordseeurlaub ist die Sache klar: Bettina und Leonhard wollen heiraten.

Immer wieder Silvester, immer wieder Rom, immer wieder Benedikt

Erst denken die beiden an eine Hochzeit im Frühjahr. „Da kann man schön heiraten“, erzählt Bettina, „aber solange wollten wir dann doch nicht mehr warten“. Die Wahl fällt deshalb auf Silvester. Den Tag an dem zwei Jahre zuvor alles begonnen hatte. Die Hochzeitsreise führt die beiden wenige Wochen später – natürlich – nach Rom. Bei der Generalaudienz stehen sie in ihrem Brautgewändern in der ersten Reihe und stellen ihre Ehe unter den Segen von Papst Benedikt. Doch schon damals werfen die gesundheitlichen Probleme, die den Pontifex wenig später zum Rücktritt bewegen, ihre Schatten voraus: der Papst muss sich schonen und kann die Paare nicht einzeln treffen.

Nach der Hochzeit zieht Bettina aus dem Ruhrgebiet zu Leonhard nach Dorfen. Schwer gefallen sei ihr das nicht, sagt die gebürtige Essenerin, immerhin kommen ihr Mann und der Papst aus Bayern, „das konnte nur gut werden.“ Als Benedikt 2013 erklärt, auf sein Amt zu verzichten, beschließen die Kaisers auch zur letzten Generalaudienz „ihres“ Papstes zu fahren. Zu einem persönlichen Treffen kommt es dann 2016. Mit einer Reisgruppe aus dem Benedikt-Ort Aschau nehmen sie an einer Privataudienz mit dem emeritierten Papst teil. „Da hab ich ihm dann erzählt, dass er unser Ehestifter ist“, erinnert sich Leonhard, „und er hat geantwortet: Des habt’s guad g’macht!“

Vom Ehestifter zum Fürsprecher

Am elften Hochzeittag dann die traurige Nachricht: Benedikt XVI. ist tot. Obwohl sie von den gesundheitlichen Problemen des Papstes gehört hatte, habe sie nicht damit gerechnet, dass er wirklich stirbt, sagt Bettina. „Mit 95 Jahren hat er sein Leben gelebt, trotzdem empfinde ich es als starken Verlust.“ Sie erfährt am Telefon vom Tod des Papstes, Leonhard hört es im Radio. „Es war ein bisschen so als wenn jemand aus der Familie stirbt“, erzählt er. Silvester ist nun ein doppelter Gedenktag für die Kaisers. Für beide ist sofort klar: Sie wollen zu den Trauerfeierlichkeiten nach Rom.

Mit einer Pilgergruppe brechen sie drei Tage nach dem Tod Benedikts mit dem Bus nach Rom auf. Am 4. Januar gehören sie zu den ersten, die an diesem Morgen den aufgebahrten Papst im Petersdom besuchen. „Es war mir sehr wichtig, ihn nochmal zu sehen“, betont Bettina, auch wenn sie Benedikt kaum wiedererkannte habe. „Aber es war schön, noch einmal Abschied zu nehmen“, ergänzt Leonhard. Mit dem Requiem für Benedikt XVI. endet die letzte Reise der Kaisers zu ihrem Papst nach Rom. Die Beziehung zu ihm bleibe aber bestehen, unterstreicht Leonhard: „Er war unser Ehestifter und jetzt ist er unser Fürsprecher!“

Der Redakteur und Moderator
Korbinian Bauer
Münchner Kirchenradio
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