Erzbischof Rainer Maria Woelki wird 60

Der kölsche Franziskus

Der Kölner Kardinal Rainer Maria Woelki ist ein Vorkämpfer für das Engagement der Kirche für Flüchtlinge - auch gegen Widerstände. Jetzt wird der Erzbischof 60 Jahre alt. Ein Porträt:

Erzbischof Rainer Maria Woelki wird 60 Jahre alt. (Bild: imago) (Bild: imago) © imago

Köln – Rainer Maria Woelki feiert seinen 60. Geburtstag. Seit nun fast zwei Jahre Erzbischof von Köln. In den ersten Monaten lief offenbar alles so rund wie jetzt der Geburtstag. Lob für seine Amtsführung bekommt Woelki vor allem von den Laien, was alles andere als selbstverständlich ist. Einen guten Draht hat er aber auch zur Presse. Eine örtliche Boulevard-Zeitung titelte jüngst: "Der kölsche Franziskus". Und charakterisierte ihn plakativ mit drei Sätzen: "Ihm hören nicht nur Katholiken zu. - Er liebt und lebt die Bescheidenheit. - Woelki redet klare Worte."

Einsatz für Flüchtlinge

Besonders fällt sein entschiedener Einsatz für Flüchtlinge auf - und dabei spricht er nicht nur Klartext, sondern setzt auch deutliche Zeichen. So wählte er im vergangenen Jahr publikumswirksam den Turm des Kölner Doms, um vor dem "dicken Pitter" die 23.000-Glockenschläge-Aktion vorzustellen - für jeden im Mittelmeer ertrunkenen Flüchtling läutete die Totenglocke. Und an Fronleichnam feierte Woelki die Messe an einem zum Altar umgebauten Flüchtlingsboot, das nun in der Kathedrale als Protestzeichen dient.

So sehr der Kardinal für die Integration von Zuwanderern und Muslimen wirbt und dabei kritische Worte über die "sogenannte Alternative für Deutschland" verliert - so sehr bekommt er Gegenwind zu spüren, gerade in den sozialen Netzwerken. Das hindert ihn nicht, der Gesellschaft kritisch auf die Finger zu schauen: Er prangert Sterbehilfe und Abtreibung genauso an wie Waffenlieferungen, die Kluft zwischen Arm und Reich, mangelndes Engagement für Klimaschutz oder Korruption im Fußball. Er wendet sich gegen Billig-Textilien und einen Kapitalismus pur und ruft zu Spenden für Bettler auf, auch wenn diese dafür nur die nächste Flasche kaufen. Populäre Botschaften sind das alles nicht.

Not sehen und handeln

Woelki, dessen Eltern aus Ostpreußen stammen, wuchs selbst als Kind von Flüchtlingen in der Bruder-Klaus-Siedlung in Köln-Mülheim auf. Hier fanden vor allem kinderreiche Familien eine Heimat, und engagierte Kapläne bestimmten den Alltag. "Wer Fußball oder Tischtennis spielen wollte, musste zur katholischen Jugend gehen", so Woelki. In dem kleinbürgerlichen Milieu habe aber jeder seinen Platz bekommen, betont er mit Blick auf die heutige Situation. Und fürs Ferienlager wurde einfach eine Lumpensammlung organisiert, um an Geld für ein Zelt zu kommen.

Diese unkomplizierte Art - Not sehen und sofort handeln - vermisst Woelki, der die Caritaskommission der Bischofskonferenz leitet, an vielen Stellen: "Heute machen wir erstmal ein Komitee." Für sein sozial-karitatives Engagement sieht sich der Geistliche, der Sekretär von Kardinal Meisner war und später Weihbischof wurde, teils heftiger Kritik ausgesetzt. Manche meinten, die Kirche solle sich lieber auf Gebete und Gottesdienste beschränken, beobachtet Woelki. "Das sehe ich ganz anders." Denn auch solidarisches Handeln wie das des kürzlich verstorbenen Cap-Anamur-Gründers Rupert Neudeck sei "wirklich Gottesdienst".

Der Fan des 1. FC Köln beschwört auch in der Kirche den Teamgeist: "Erfolg hat eine Mannschaft nur, wenn sie zusammensteht, wenn alle Pressing spielen und auch die Verteidiger nach vorne aufrücken."

Im Erzbistum selbst hat der Kardinal einige Weichen neu gestellt: Sein Büro sowie zwei Hauptabteilungen leiten Frauen. Um einen "partizipativen Leitungsstil" zu etablieren, führte er den Diözesanpastoralrat ein, in dem neben Klerikern auch Laien mitreden. Von ihnen erwartet der Kardinal mehr - gerade angesichts sinkender Priesterzahlen. Statt Kirchen vor Ort dicht zu machen, sollen Laien es dort richten. "Gemeindliches Leben findet nicht nur dort statt, wo der Priester ist", betont Woelki und mahnt einen Umgang "auf Augenhöhe" zwischen Haupt- und Ehrenamtlichen an. (KNA)

Lebenslauf
Woelki, dessen Eltern aus Ostpreußen stammen, wurde am 18. August 1956 in Köln geboren. Der Älteste von drei Geschwistern studierte in Bonn und Freiburg Theologie und empfing 1985 die Priesterweihe von Kardinal Joseph Höffner. Nach Kaplansjahren in Neuss und Ratingen sowie in der Militärseelsorge machte ihn Kardinal Joachim Meisner 1990 zu seinem Geheimsekretär.1997 übernahm Woelki die Leitung des Bonner Theologenkonvikts Collegium Albertinum. Drei Jahre später wurde er an der "Päpstlichen Universität vom Heiligen Kreuz" in Rom mit einer Arbeit zur Bedeutung der Gemeinde im Gefüge der Kirche promoviert. Bei seiner Bischofsweihe 2003 bestimmte er als Wahlspruch "Wir sind Zeugen". Von 2003 bis 2011 war er Weihbischof in Köln und dann drei Jahre Erzbischof von Berlin. Die Deutsche Bischofskonferenz wählte Woelki im Herbst 2011 zu ihrem Caritas-Bischof. Im Februar 2012 erhob ihn der damalige Papst Benedikt XVI. in den Kardinalsrang. Seit September 2014 steht er an der Spitze des Erzbistums Köln. (kna)