Pfingsten

Der Heilige Geist ist eine Taube

Am Pfingsttag kam der Heilige Geist in Feuerzungen und brausendem Wind über die Jünger, so zeigen es Darstellungen in der Kunst seit Jahrhunderten. Häufiger aber wird der Heilige Geist als Taube dargestellt - aus gutem Grund.

Auf allen sieben Bildern zu seinen Gaben (hier: die Gottesfurcht) in der Münchner Heilig-Geist-Kirche ist auch der Geist selbst als Taube zu sehen. © Pfarrei Heilig Geist

München – Pfarrer Daniel Lerch zeigt auf die Wände in der Münchner Heilig-Geist-Kirche: Hier sind die sieben Gaben des Heiligen Geistes (Weisheit, Einsicht, Rat, Stärke, Erkenntnis, Gottesfurcht und Frömmigkeit) dargestellt. Und immer ist neben der personifizierten Gabe der Geist selbst zu sehen, schneeweiß in Gestalt einer Taube. Warum gerade dieser Vogel das Symbol für den Geist, der alles durchdringt und doch nicht zu beschreiben ist?

Wenn man den Spuren im Alten und Neuen Testament nachgeht, stößt man auch auf eine bestimmte Szene, die fast vom Auftauchen des Heiligen Geistes in Gestalt einer Taube ablenkt: die Taufe Jesu durch Johannes den Täufer im Jordan. Aber er ist da, der Geist: „Kaum war Jesus getauft und aus dem Wasser gestiegen, da öffnete sich der Himmel, und er sah den Geist Gottes wie eine Taube auf sich herabkommen. Und eine Stimme aus dem Himmel sprach: Das ist mein geliebter Sohn, an dem ich Gefallen gefunden habe.“

Die Taube: sanftmütig und friedlich

Erst seit dem 6. Jahrhundert taucht die Taube vorrangig als Symbol für den Geist Gottes auf, gefolgt von Feuerzungen und brausenden Winden, wie in der Pfingstgeschichte, als die Jünger anfingen, die Botschaft Jesu zu verbreiten. In den ersten Jahrhunderten ihres Bestehens tat sich die christliche Kirche schwer, dem Heiligen Geist, also dem Wirken Gottes in allem, eine Gestalt zu geben. Doch mit der Taube verknüpfte man viele gute Eigenschaften, sie scheint bis heute in den Augen von Priestern und Laien eine gute „Besetzung“ für den Heiligen Geist zu sein, erklärt Pfarrer Lerch: „Sie ist seit der Antike ein Symbol für Sanftmut und Liebe. Und eine etwas eigenartige Geschichte: früher glaubte man, die Taube habe keine Gallenblase, und sei also frei von allem Bitteren und Bösen!“

Zwar nicht als Sinnbild für den Heiligen Geist, aber mit einer eindeutigen Mission taucht die Taube auch am Ende der Sintflut auf: sie trägt den Ölzweig im Schnabel und signalisiert als Friedensbote Noah auf der Arche, dass die Sintflut vorbei ist und Gott sich mit den Menschen versöhnt hat. Ein schönes Bild ergibt sich auch aus der Tatsache, dass die Taube ein hervorragender Navigator ist und bis heute als Brieftaube eingesetzt wird: wie sie zu ihrem Ziel und wieder zurückfindet, so findet der Heilige Geist die Menschen, egal wo sie sind. Ein Zeichen dafür, dass Gott keinen Menschen verloren gibt.

Der Heilige Geist – Verbindung zwischen Gott und den Menschen

Aber zuerst einmal ist die Taube ein Vogel, der zwischen Himmel und Erde hin- und herfliegt. Sie verbindet also Himmel und Erde – und Gott mit den Menschen, so die Deutung. Dieses Herabkommen vom Himmel auf die Erde wurde früher, in manchen Gemeinden auch noch heute, durch einen Brauch dargestellt: durch das sogenannte „Heilig-Geist-Loch“ in der Decke des Kirchenschiffs wurde an einem Seil eine hölzerne Taube herabgelassen, kurz vor dem Evangelium des Pfingsttages. Dies trug der Tatsache Rechnung, dass nur wenige Menschen lesen und schreiben konnten. „Und in manchen Gemeinden regneten durch dieses Loch in der Decke auch Pfingstrosenblätter““ so Pfarrer Lerch.

Auf vielen Darstellungen in der Münchner Heilig-Geist-Kirche ist die Taube als Symbol für den Heiligen Geist abgebildet. Bei der Dreifaltigkeitsgruppe über dem Hochaltar aber fehlt sie, betont Pfarrer Lerch. Und trotzdem sieht man den Heiligen Geist, wenn auch nur in seiner Wirkung: „Man sieht wie die Gewänder von Gottvater und Jesus Christus nach oben geblasen werden, man sieht das Wehen des Heiligen Geistes, es ist also wirklich eine Dreifaltigkeitsdarstellung!“

Pfingsten


Pfingsten ist das Fest, an dem der Heilige Geist auf die Apostel herabkommt, die mit Maria im Abendmahlssaal darauf gewartet hatten. Es wird 50 Tage nach Ostern und 10 Tage nach Christi Himmelfahrt gefeiert. Das Wort "Pfingsten" kommt vom griechischen "Pentekoste hemera" (fünfzigster Tag). Lukas beschreibt das Pfingst-Ereignis in der Apostelgeschichte so: "Da kam plötzlich vom Himmel her ein Brausen, wie wenn ein heftiger Sturm daher fährt, und erfüllte das ganze Haus, in dem sie (die Jünger) waren. Und es erschienen ihnen Zungen wie von Feuer, die sich verteilten; auf jeden von ihnen ließ sich eine nieder. Alle wurden mit dem Heiligen Geist erfüllt und begannen in fremden Sprachen zu reden, wie es der Geist ihnen eingab." In Jerusalem lockt dieses seltsame Ereignis eine neugierige Menge an, auch Ägypter, Römer, Kreter und Araber. Sie sind "außer sich vor Staunen", denn jeder hört die Jünger in seiner eigenen Muttersprache reden. Pfingsten gilt als Geburtstag der Kirche. Der Heilige Geist soll nach kirchlicher Lehre Person, Wort und Wirken Jesu lebendig erhalten. Das Sprachenwunder zeigt, dass die Botschaft für die ganze Welt von Bedeutung ist. Wie Weihnachten und Ostern hat das Hochfest in Deutschland zwei Feiertage. (kna)

Der Autor
Willi Witte
Radio-Redaktion
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