Pastoral für ein gelingendes Leben

Mit Unterstützung die eigene Berufung finden

Seit einem halben Jahr gibt es die „Berufungspastoral“ als Stabstelle im Münchner Ordinariat. Sie sieht sich als Einrichtung, die Menschen beim Beschreiten ihres eigenen Lebensweges unterstützt. Es geht darum die eigene Bestimmung zu finden.

Schwester Erika Wimmer und Pfarrer Klaus Hofstetter unterstützen Menschen dabei, ihre Berufung zu finden. © Kiderle

 „Jeder Mensch ist berufen.“ Was Pfarrer Klaus Hofstetter so plakativ wie schlicht formuliert, ist eine der starken Säulen, auf denen die Berufungspastoral im Erzbistum München und Freising steht. Denn anders als Außenstehende vielleicht vermuten, ist die Stabsstelle nicht dafür eingerichtet worden, das Problem des Priestermangels zu lösen. In seiner täglichen Arbeit hilft Pfarrer Hofstetter Menschen, die zu ihm kommen, ihre eigene Berufung zu entdecken, sich bei ihrer Berufswahl und im Leben zu orientieren.

Berufung zum Beruf machen

Aber der Pfarrer hat noch einen anderen Ansatz: ihm ist daran gelegen, bei den Ratsuchenden eine mögliche geistliche Berufung zu entdecken und einen Weg in diese Richtung zu ebnen. „Berufung kommt von „Ruf“, in diesem Fall dem Ruf Gottes, und von „Beruf“!“ Damit meint Hofstetter einerseits, als Christ dem Ruf Gottes zu folgen, den Glauben anzunehmen. Aber eben auch unter Umständen mehr zu tun: die Berufung zum Beruf zu machen, zum Beispiel Priester, Pastoralreferent oder Ordensfrau zu werden.

Nicht jede Frau kann Berufung folgen

Weil die Berufungspastoral Kardinal Reinhard Marx wichtig ist, wurde im September 2021 eine neue Stabstelle eingerichtet. Geleitet wird die Stelle von Pfarrer Klaus Hofstetter und Sr. Erika Wimmer, Religionspädagogin und Missionsschwester vom Heiligsten Erlöser. Zusammen stehen sie Menschen zur Verfügung, die die Spur ihrer Berufung suchen. Es berührt beide sehr, wenn gerade in diesen kirchlichen Krisenzeiten Menschen sich meldeten, weil sie den Ruf Gottes spüren.

Sr. Erika will in besonderer Weise auch die Frauen ansprechen. Dabei begegnen ihr auch Frauen, die fest von ihrer Berufung zur Diakonin oder auch Priesterin überzeugt sind. Ihnen tue es weh, dass diese Tür verschlossen bleibe. Sr. Erika trägt diese Spannungen mit. Sie will ihren Teil dazu beitragen, dass sich etwas weiter entwickelt – auch im Blick auf die Position der Frauen in der Kirche.

Auch Enttäuschungen gehören zur Arbeit

Schwester Erika rechnet nicht damit, dass sich in den nächsten Jahren etwas wesentlich hin zum Priestertum der Frau verändert. Gleichzeitig setzt sie sich dafür ein, diejenigen zu stärken, die in der Kirche ihre Berufung leben: das könne die junge Frau sein, die sich für den Pfarrgemeinderat aufstellen lasse, oder die Pastoralreferentin mit zwanzig Berufsjahren, die sich aus ihrer Krise herausarbeitet und die Bedeutung ihrer eigenen Arbeit für die Kirche erkennt. Wenn jemand so mit der eigenen Berufung ringt und neue Schritte setzt, ist Sr. Erika als Begleiterin selbst berührt und dankbar.

Oft sehr zeitintensiv sind die Gespräche, die Klaus Hofstetter und Schwester Erika führen. Weil sich dabei auch bei den beiden „Berufungs-Weckern“ Erwartungshaltungen aufbauen, sind immer wieder mal Enttäuschungen zu verkraften. Etwa, wenn eine Ratsuchende nach längeren Gesprächen eine unerwartete Entscheidung trifft. Dies zu akzeptieren, macht eben den Charakter der Berufungspastoral aus: es geht nicht darum, jemand zu einer Entscheidung zu überreden, sondern bei der Entscheidungsfindung zu helfen.

Unterstützung durch Berufungs-Coaches

Bei der herausfordernden Aufgabe, Menschen beim Finden oder auch Wiederfinden ihrer Berufung zu unterstützen, sollen Pfarrer Hofstetter und Schwester Erika nicht allein bleiben: Im Erzbistum baut sich gerade ein Netz von sogenannten „Berufungs-Coaches“ auf, das voraussichtlich im Herbst startet. 21 dieser speziell ausgebildeten Coaches gibt es mittlerweile in der Erzdiözese. Sie sollen in Zukunft Einzelpersonen oder auch ganze Gruppen dabei begleiten, eine Vision für ihr Leben zu finden. „Coaches sind sozusagen die Hebammen, die helfen, dass die betreffende Person ihren Weg entdeckt“, so Hofstetter.

Kirche als Arbeitgeber entdecken

Dieser Weg kann auch zur Kirche als Arbeitgeber führen. In ihrer Beratung konzentriert sich die Berufungspastoral dann auf die geistlichen Berufe, wie Priester, Pastoral- oder Gemeindereferenten, Religionslehrer oder auch Ordensmitglieder. Deshalb arbeitet die Stabsstelle eng mit dem Fachbereich Strategische Personalgewinnung zusammen, die die vielen anderen Berufe der Kirche im Blick hat, wie zum Beispiel Erzieherinnen und Erzieher, Kirchenmusikerinnen und -musiker, Verwaltungskräfte, usw.

Ebenfalls eine Neuentwicklung: ein eigener Gesprächsraum, den die Berufungspastoral vor kurzem im „Korbinianshaus“, dem Zentrum der Jugendarbeit im Erzbistum, beziehen konnte. Ziel der Berufungspastoral ist es folgerichtig auch, sich in jede Richtung stärker zu vernetzen und möglichst viele Kanäle für Angebote zu nutzen und auf sich aufmerksam zu machen. So gibt es bereits jetzt unter anderem den „Wort-des-Lebens-Treff“ für junge Erwachsene als Online-Begegnungsort, weil Pfarrer Hofstetter und Schwester Erika davon überzeugt sind: „Das Lesen des Wortes Gottes hilft, die eigene Berufung zu entdecken“.

Der Autor
Willi Witte
Radio-Redaktion
w.witte@michaelsbund.de