Ausstellung im Kloster Beuerberg

Den Heilkräutern auf der Spur

Kennen Sie die Polei-Minze? Keine Angst, Sie sind nicht allein. Diese Pflanze war vor allem im Mittelalter bekannt, erklärt uns Apothekerin Sibylle Reinicke. Doch sie kennt nicht nur den Ursprung von Heilkräutern, sondern auch die Wirkung von Salbei, Hopfen und Lavendel.

Sibylle Reinicke in der Apotheke des Klosters Beuerberg (Bild: Kiderle) © Kiderle

Beuerberg - Sanfte Sonnenstrahlen tauchen Blüten und Grashalme in goldgelbes Licht. Der Wind schweigt. „Dieser Platz ist so schön, es ist so ein Friede hier“, schwärmt Sibylle Reinicke, „es geht einem gleich gut.“ Wir treffen die Münchnerin im Garten von Kloster Beuerberg bei Wolfratshausen. In diesem Idyll, am Gemüse- und Heilpflanzenbeet, führt uns die Apothekerin ein in die manchmal vergessene Welt der Heilkräuter. Sibylle Reinicke gibt ihr Wissen auch im Rahmen der Ausstellung „Klausur – Vom Leben im Kloster“ in Workshops und Sonderführungen an Wissbegierige weiter.

Klein, aber fein ist das Heilkräuterbeet, das sich nur einige Schritte entfernt von der Terrasse des Klosterrestaurants befindet. Neben heute auch in ihrer Wirkung bekannten Kräutern wie Salbei (verhindert Schwitzen), Hopfen (beruhigt), Lavendel (stimmungsausgleichend), Rosmarin (hilft bei Verdauungsproblemen) oder Thymian (wirkt schleim- und krampflösend bei Husten) wächst etwas längst Vergessenes: Polei-Minze. „Im Mittelalter jedoch war die auch als Flohminze bekannte Pflanze ganz wichtig“, erklärt Sibylle Reinicke. Sie sei in einem Säckel unter der Bluse oder dem Rock getragen worden, um vor Floh-Befall zu schützen. Aber, und jetzt geht es doch in gewisse Abgründe der „Heilkunde“: „Die Polei-Minze wurde damals als Abtreibungskraut verwendet“, verrät die Apothekerin. Nimmt man zu viel von der Pflanze ein, ist sie hochgiftig. „Bei Störung der Regel“ lautete die allgemeine Sprachregelung damals. „Die Polei-Minze gab es immer in Klostergärten, aber auch in privaten“, berichtet Reinicke. Heute habe sich die Erkenntnis durchgesetzt, dass es Frauen eher umbringe, als dass es dazu helfe, fügt die 58-Jährige hinzu.

Leserreise: Fahrt ins Kloster Beuerberg
Einen Blick hinter die früher verborgene, streng abgeschirmte Welt der Salesianerinnen in Kloster Beuerberg können Sie, verehrte Leserinnen und Leser, mit uns werfen. Am Samstag, 8. Oktober, bieten wir Ihnen eine Besichtigung der Ausstellung „Klausur – Vom Leben im Kloster“ sowie eine Tour ins Kloster Dietramszell. Abfahrt ist um 8.45 Uhr in München, zurück kommen Sie gegen 18 Uhr.
Die Fahrt kostet inklusive Bus, Führungen und Mittagessen in Kloster Beuerberg pro Person 49 Euro. Sie können sich sofort anmelden unter Telefon 089/23225-260.

Die Blätter des Frauenmantels sehen aus wie kleine Schutzmäntel, weswegen man dieser Pflanze nachsagte, spezielle Frauenleiden zu lindern.

Als spezielles „Frauenkraut“ gilt der „Frauenmantel“. Dieser solle bei Menstruationsbeschwerden helfen, so die Meinung im Mittelalter. „Doch die Wirksamkeit ist nicht belegt“, sagt Reinicke. „In derartigen Fällen steht heute auf den Flaschen: ‚traditionell angewendet bei‘“, erklärt die Apothekerin, „das heißt, es gibt keine Wirksamkeits-Nachweis-Studien.“ Auch beim Heilziest ist die Wirkung heute relativiert. Während man im Mittelalter noch dachte, der Heilziest „heile den Körper von außen wie von innen, weiß man heute, dass er zwar eine entzündungshemmende Wirkung bei Umschlägen hat, als Tee aber nicht hilft, weil die Inhaltsstoffe in viel zu kleinen Mengen enthalten sind“, verrät Reinicke. Nachdem Heilkundler und Wissenschaftler im 19. Jahrhundert begannen, chemisch-analytisch zu arbeiten, kamen sie dem ein oder anderen Irrtum über die Wirkung der Heilkräuter auf die Spur.

Die Ringelblume lässt sich zu einer Salbe verarbeiten.

Die Apotheke der Welt

Sibylle Reinicke weiß über jede Pflanze wunderbare Geschichten zu erzählen, auch über die Entwicklung der Medizin. „Es waren oft Apotheker, die mit ihren Erfindungen wie Aspirin bis zum Zweiten Weltkrieg Deutschland den Ruf einbrachten, ‚die Apotheke der Welt‘ zu sein.“ Die Welt der Kräuter ist Reinickes Leidenschaft. „Ich möchte erklären, wo die Medizin herkommt,“ sagt sie, „und dass Natürliches nicht immer besser ist. Beispielsweise bei Abführmitteln sind die sogenannten ‚chemischen‘ weniger gefährlich, auch hinsichtlich der Abhängigkeiten.“ Im Beet sticht mit ihren leuchtend gelben Blüten die Ringelblume ins Auge. Sie wirkt entzündungshemmend und fördert die Wundheilung. Susanne Hornberger

Sibylle Reinicke erstellt mit Naturbewussten am Samstag, 27. August, von 11 bis 14 Uhr in der Klosterapotheke Beuerberg Ringelblumensalbe mit verschiedenen Grundlagen. „Mit Vaseline gemacht empfehle ich sie auch als Lippenpomade, da sie Verdunstung vermeidet.“ Herkömmliche Lippenstifte seien mit Wachs hergestellt, „das trocknet aus“. Die Teilnahme kostet 10 Euro für Erwachsene, fünf für Kinder. Anmeldung bitte unter: reinicke.s@gmail.com