Von der Bedeutung des Schenkens

Das größte Geschenk sind wir selber

Geschenke unterm Christbaum gehören an Weihnachten bei den meisten Menschen dazu. Doch woher kommt dieser Brauch des Schenkens?

Der Brauch des Schenkens hat seinen Ursprung im Paradies. © mallmo - stock.adobe.com

Ein unbekannter Autor schrieb einmal: „Schenken ist der einzige Brauch, der uns aus dem Paradies blieb, wo alles Schenken war.“ Schenken ist also ein ganz alter Brauch, der aus dem Paradies blieb. Auf den ersten Seiten der Bibel ist das „Paradies“ beschrieben: Der Mensch lebt in der Welt, wie sie Gott gedacht und geschaffen hat, zunächst sorglos und in seiner Obhut. Gott hat uns einen großen Handlungsspielraum, Handlungs- und Entscheidungsfreiheit geschenkt bis zur „Mitte des Paradiesgartens mit dem Baum der Erkenntnis“.

Gott ein Gesicht geben

Schenken ist ein Brauch, der besonders in der Advents- und Weihnachtszeit gepflegt wird. Die christliche Wurzel des Schenkens liegt im Weihnachtsgeheimnis. Gott schenkt sich uns in einem kleinen Kind Jesus von Nazaret. Damit sagt er uns: „Du Mensch, ich mag dich. Du Mensch, ich mag dich leiden. Ich mag deinen Weg mit dir gehen. Ich mag für dich da sein. Damit du lernst, ganz Mensch zu werden, so, wie ich dich gedacht habe.“ – Denn das größte Geschenk, das Gott uns gemacht hat, das sind wir selber. Wir dürfen Gott durch unser Leben in unserer Zeit ein Gesicht geben. Wir dürfen seine Liebe und Güte nicht nur im Advent und zu Weihnachten verschenken.

Die Liebe Gottes weitergeben

Wenn wir uns zu Weihnachten beschenken, drücken wir mit den kleinen oder großen Präsenten aus, dass wir dafür dankbar sind, wie es im ersten Johannesbrief heißt, für die „große Liebe, die Gott uns geschenkt hat.“ (1 Joh 3, 1–3) Wenn wir einander in der Familie und im Freundeskreis etwas schenken, versuchen wir ein kleines Stück der Liebe Gottes weiterzugeben, die wir selbst von ihm empfangen haben. Es ist schön, jemandem etwas zu schenken. Es macht Freude, etwas geschenkt zu bekommen. Freilich ist es nicht immer leicht, für jemanden etwas Passendes zu finden, das wirklich Freude macht. Insofern ist Schenken auch eine Kunst. Daran, wie ich schenke, kann deutlich werden, wie gut ich einen Menschen kenne.

Gott hat sich uns an Weihnachten in seinem Sohn geschenkt. Er hat dies ohne Vorleistung getan. Vor diesem größten aller Geschenke können wir nur stumm die Knie beugen, wie es die Hirten oder die Sterndeuter getan haben, als sie vom Land der aufgehenden Sonne her dem Stern gefolgt sind und als sie dem neugeborenen Kind ihre Schätze, Zeichen ihrer Herkunft und ihres Landes als Zeichen der Dankbarkeit und Wertschätzung gebracht haben: die Bodenschätze ihrer Völker, Gold, Weihrauch und Myrrhe.

Das Kostbarste schenken

Diese geheimnisvollen Geschenke der Weisen können wir auf das Leben und den Weg Jesu hin deuten. Das Gold ist das Kostbarste, was die Erde bietet. Die Weisen schenken Jesus das Kostbarste, was sie haben, um zu zeigen, dass ER ihnen das Kostbarste ist, das sie für sich finden konnten. Der Weihrauch ist eine echte göttliche Gabe. Überall wo Weihrauchwolken aufsteigen, wird Gott geehrt, der in der Mitte seines Volkes geheimnisvoll anwesend ist. Auch und gerade im kleinen Kind Jesus in der Krippe. Die Myrrhe ist eine orientalische Heilpflanze. Tote wurden zur Zeit Jesu mit dem „Nobelparfum“ einbalsamiert. Sie weist darauf hin, dass Jesus Leid und Tod auf sich nehmen wird.

Gott Zeit schenken

Durch das Leben, Leiden, den Tod und die Auferstehung Jesu sind wir alle reich beschenkt worden. Im Gottesdienst, in der Anbetung und in der persönlichen Verehrung schenken wir uns Gott und ein wenig von unserer Zeit. Wir danken ihm für das Leben. Ich wünsche uns allen in dieser Advents- und Weihnachtszeit, dass wir auch unter dieser Perspektive neu erfassen, was Schenken bedeutet, und diesen „Brauch, der uns aus dem Paradies blieb, wo alles Schenken war“ in unserer Zeit und durch unser Leben neu pflegen. (Andreas Krehbiehl, Pfarrvikar im Münchner PV Moosach-Olympiadorf)

Dieser Artikel gehört zum Schwerpunkt Advent & Weihnachten