Herbstsammlung

Caritas: Seit 100 Jahren im Einsatz für Menschen in Not

Seit 100 Jahren unterstützt die Caritas hilfsbedürftige Menschen. Das Thema Armut ist geblieben und damit auch bewährte Angebote. Doch es gab auch Erweiterungen.

Die Caritas hat Armut stets bekämpft – etwa mit Lebensmittelausgaben wie einst in der Münchner Heßstraße. © Caritasverband

Endlich was Warmes!“ Die 84-jährige alte Dame spricht leise. Ganz langsam löffelt sie an einem trüben Tag im Frühjahr 2022 in der Münchner Korbinianküche der Caritas eine Kartoffelsuppe. 100 Jahre früher waren es vielfach auch ältere Frauen, zum Beispiel Kriegerwitwen, arm und alleinlebend, die zweimal die Woche mit einem kleinen Blechnapf Richtung Frauenkirche pilgerten, um sich in einer der sechs Feldküchen des Caritasverbands eine warme Mahlzeit abzuholen. Mit Pferdewagen wurde damals warme Suppe aus einer Küche am Oberwiesenfeld angeliefert.

Armut ist ein Dauerthema

Immer schon gab es materielle Armut, Mangel an Einkommen und Vermögen, manchmal mehr, manchmal weniger. Immer schon fehlte es Menschen am nötigen Geld, um gesunde Nahrung, Kleidung und Möbel kaufen und bezahlen zu können. Zeitweise, in den 1970er, 1980er Jahren, war das Thema materielle Armut aus dem Blick der Gesellschaft geraten. Vollbeschäftigung, steigende Löhne, Sozialleistungen des Staates schienen sie besiegt zu haben. Schon vor der Jahrtausendwende meldete sich die Armut aber brutal zurück – mit steigender Tendenz: Arbeitslosigkeit, mangelhafte soziale Absicherung, Finanz- und Eurokrise. Die Corona-Pandemie und der Ukrainekrieg mit ihren sozialen Verwerfungen haben die materielle Armut erneut sichtbar gemacht.

In allen Lebensbereichen "arm dran"

Die Caritas hat – auch dank der Spenden für die Caritas-Sammlungen oder Caritas-Projekte und mit Hilfe zahlreicher ehrenamtlich arbeitender Frauen und Männer – Armut stets bekämpft: durch finanzielle Unterstützung, mit Suppenküchen, durch Kleider- und Möbelspenden. Armutsbewältigung erschöpft sich nicht nur darin, mit dem Ausreichen von Lebensmitteln, Kleidern oder Möbeln ein Existenzminimum zu sichern. Denn Armut ist nicht allein Mangel an Geld. Wer zu wenig Einkommen und Vermögen hat, ist in allen Lebensbereichen „arm dran“, bis heute. Materielle Armut führt zu Problemen in der Familie, zum Verlust von Bildungs- und damit von Zukunftschancen der Kinder, zu körperlichen und seelischen Erkrankungen, zum Verlust von sozialen Beziehungen, zum Verlust der Selbstachtung und letztlich zu geringerer Lebenserwartung.

In der Woche vom 26. September bis 2. Oktober findet die Caritas-Herbstsammlung statt. In ganz München und Oberbayern werden Spendenbriefe verteilt oder Ehrenamtliche klingeln an den Haustüren und bitten um eine Spende. Alle sind angehalten, sich strikt an die Corona-Hygieneschutzmaßnahmen zu halten. Der Auftaktgottesdienst findet am Sonntag, 25. September, um 10 Uhr in der Pfarrei Christkönig in Rosenheim statt. Die Predigt, die auch dem Thema „100 Jahre Caritas in München und Oberbayern“ gewidmet ist, hält Kardinal Reinhard Marx zusammen mit Caritas-Seelsorger Augustinus Bauer.

Von der Gulaschkanone 1922 zur Korbinianküche 2022: Hat sich denn gar nichts geändert in den vergangenen 100 Jahren? Einerseits: Die Armut ist 2022 wieder in der Gesellschaft angekommen. Andererseits: 1922 wie heute ist die Hilfe für arme Menschen eine zentrale Aufgabe der Caritas. Armut ist längst zu einem Querschnittsthema aller Caritas-Einrichtungen geworden. Suppenküchen wie die Korbinian- oder die Antoniusküche in der Münchner Pfarr- und Kapuzinerkirche St. Anton gibt es nach wie vor, aber sie sind im Lauf der Jahrzehnte ergänzt worden durch andere Angebote wie Beratungsstellen, Projekte für Langzeitarbeitslose, Lebensmitteltafeln und Kleiderkammern.

Caritas bietet viele Anlaufstellen für Menschen in Not

Zu Verdeutlichung: Insgesamt 45 Caritas-Beratungsstellen beziehungsweise Beratungsstandorte in München und Oberbayern sind derzeit erste Anlaufstellen für Menschen in Not. Caritas-Experten helfen in Kleiderkammern und an Lebensmitteltischen sowie mit Anträgen zu Sozialleistungen, Schuldenexpertise oder vermitteln an andere Stellen. 2021 wurden von den rund 46 Mitarbeitenden (Teil- und Vollzeit) fast 6.000 Frauen und Männer beraten. Tendenz weiter rasant steigend, vor allem angesichts der Kostenexplosionen bei Gas und Strom durch den Ukrainekrieg. Und die Caritas mischt sich lautstark in die Sozialpolitik ein, um Armut an der Wurzel zu bekämpfen. Denn es sind ungerechte wirtschaftliche Strukturen, die Menschen arm machen, 1922 wie 2022. (bh/mrr)

Podcast-Tipp

Total Sozial

Weit mehr als 250 Kirchen und Kapellen gibt es in München. Außerhalb der Gottesdienstzeiten werden die mächtigen Bauten aber gerade kaum genutzt. Anders in St. Anton. Die Kirche am alten Südfriedhof öffnet für Bedürftige und bietet dort in der Antonius-Küche täglich warme Mahlzeiten an.

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