Untersuchung an historischen Gebeinen

Brüderliche Geheimnisse der Tegernseer Klostergründer

Ein Gramm Knochenmaterial schließt dem Münchner Pathologen Andreas Nerlich eine ganze Welt auf. Mehrere Jahre lang hat er eine solche Probe der Brüder Otkar und Adalbert untersucht. Am Dienstagabend hält er mit dem Kirchenhistoriker Andreas Götz dazu einen Vortrag.

Blick auf Kloster Tegernsee (Bild: Kiderle) © Kiderle

München/Tegernsee – Zwei vollständige Skelette, deren Knochen allerdings vermischt waren, haben Wissenschaftler 1998 bei der Kirchenrenovierung in Tegernsee im überlieferten Grab der Klosterstifter Otkar und Adalbert gefunden. Der Münchner Pathologe Andreas Nerlich hat die Gebeine sortiert, zugeordnet und gründlich untersucht. Im Röntgenbild gaben sie Hinweise auf die Jugend der beiden Individuen. Sie zeugen von Verletzungen, Lebensumständen und Lebensalter und verraten auch die Todesursache eines der Männer. Gentechnische Untersuchungen bestätigten, dass es sich wirklich um leibliche Brüder handelt. Die Datierung der Gebeine erwies sich zunächst als schwierig; sie führte erst zu einem realistischen Ergebnis, als man bedachte, dass die Tegernseer Mönche viel Fisch aus dem See verzehrt haben dürften. Die Tiere hatten aus dem Tegernsee altes organisches Material in sich aufgenommen, das sich über die Nahrungskette in den Knochen der Brüder ablagerte und zu Verzerrungen bei den Untersuchungen führte.

Interdisziplinärer Forschungsansatz

Schließlich liegen seit kurzem auch die Messergebnisse zur Mineralienzusammensetzung im Zahnschmelz der Gründerbrüder vor, die Hinweise auf ihre geographische Herkunft geben. Angesichts des beschränkten Aussagegehalts der schriftlichen Quellen kommt dem Umstand besondere Bedeutung zu, dass sich die sterblichen Überreste der Klosterstifter bis heute im Hochaltar der ehemaligen Klosterkirche St. Quirinus befinden. Die naturwissenschaftlichen Untersuchungen können nun die historischen Dokumente ergänzen und bestätigen. Dazu hat der aus Tegernsee stammende Kirchenhistoriker Roland Götz die überlieferten schriftlichen Nachrichten über die Klosterstifter gesichtet. Dabei ist er von der um 890 verfassten ältesten Erzählung der Tegernseer Klostergründung ausgegangen und hat auch andere Quellen geprüft. Diesen interdisziplinären Forschungsansatz stellen Andreas Nerlich und Roland Götz heute Abend in einem gemeinsamen Vortrag vor, zu dem der Verein für Diözesangeschichte von München und Freising einlädt. (rg/alb)

Dieser Artikel gehört zum Schwerpunkt Klöster und Orden