Syrischer Christ in München

Brückenbauer zwischen den Kulturen

Seit sieben Jahren lebt Adel Qatramizqalala in München und gestaltet Bildungsangebote für Migranten - getragen durch seinen Glauben. Er ist damit nicht nur Lehrer, sondern auch Vorbild.

Adel Qatramizqalala © Riffert

München – Nennen Sie mich einfach Adel. Mein Nachname ist etwas kompliziert“, sagt Adel Qatramizqalala bei der Begrüßung und lächelt dabei freundlich. Der 32-Jährige geht offen auf Menschen zu und lässt dabei schon mal seinen Nachnamen weg, der für manch bayerischen Mund beim ersten Mal tatsächlich schwer über die Lippen gehen mag.

Kurs beantwortet Alltagsfragen

Qatramizqalala ist Kursleiter bei „Leben in Bayern“, einem Angebot des Bildungswerks der Katholischen Arbeitnehmer-Bewegung (KAB) und des Vereins Interkulturelle Brücken (IKB). Bei diesem Kurs, der vom Bayerischen Staatsministerium des Innern, für Sport und Integration gefördert wird, geht es zum Beispiel um Antworten auf Alltagsfragen, die Migranten haben: Zu welchem Arzt muss ich gehen, wenn ich krank bin? Wie ist das bayerische Schulsystem aufgebaut? Wie funktioniert das Zusammenleben?

Vorbild durch eigene Erfahrungen

„Ich bin auch Dozent des Kurses ‚Ich kann Deutsch‘ von KAB und IKB. Dabei haben die Teilnehmer meine Kollegin Basma Al Sabbagh und mich dauernd danach gefragt, wie das Leben in Bayern funktioniert“, erinnert sich Qatramizqalala. „Also haben wir ein Kurskonzept erstellt, das alle diese Fragen behandelt.“ 2019 haben sich genau 119 Personen dafür angemeldet, davon zwei Drittel Frauen.

Der studierte Betriebswirt erklärt, dass Kurse dieser Art vor allem dann erfolgreich verlaufen, wenn die Beziehung zwischen den Teilnehmern und den Dozenten gut ist. Dass seine Kollegin Basma und er selbst eine eigene Integrationserfahrung mitbringen, ist dafür eine solide Basis. So sehen die Kursteilnehmer, dass man in Bayern in relativ kurzer Zeit eine wichtige Arbeit wie die der Kursleitung übernehmen kann, wenn man lernt. Das Feedback der Teilnehmer ist entsprechend positiv.

Weitere Informationen zum Kurskonzept „Leben in Bayern“ gibt es auf der Homepage der KAB München und Freising.

Qatramizqalala lebt seit sieben Jahren in Deutschland. Der katholische Christ stammt aus Aleppo, dem Ort, der es nicht zuletzt durch Berichte über den syrischen Bürgerkrieg zu trauriger Berühmtheit gebracht hat. Dort hat Adel begonnen, Deutsch zu lernen, zunächst mit Hilfe eines Online-Sprachkurses. Später, als es keinen Strom mehr gab, mit Hilfe von Ausdrucken und Büchern bei Kerzenlicht.

Im Selbststudium Sprache gelernt

„Bis zum Sprachniveau B1 habe ich es selbst geschafft“, berichtet er ein wenig stolz. B1 bedeutet: selbstständige Sprachanwendung auf einem mittleren Niveau. In Deutschland folgten dann die weiterführenden Kurse zu B2 und C1 sowie „Deutsch als Fremdsprache“. Damit ist er qualifiziert, als Kursleiter zu arbeiten. „Diese Aufgabe macht mir viel Spaß, denn ich weiß ebenso wie Basma, wie es ist, eine völlig neue Sprache und Kultur kennenzulernen. So können wir dazu beitragen, Brücken zwischen den Kulturen zu bauen“, betont Qatramizqalala.

Als Kursleiter arbeitet der engagierte Mann aber „nur nebenbei“, denn hauptberuflich arbeitet er im öffentlichen Dienst. Eine ganz normale Berufstätigkeit, noch dazu in Vollzeit. „Viel Zeit für Privates habe ich nicht, denn durch die Arbeit und die Kursleitung bin ich fast immer beschäftigt“, erklärt der 32-Jährige. Ehrenamtlich ist Qatramizqalala trotzdem aktiv. Er ist Mitglied der KAB und dort Schriftführer des Bezirksverbands München. Der Verband ist ihm sympathisch, denn hier seien viele der hilfsbereiten, offenen und toleranten Bayern anzutreffen, die er bislang kennengelernt hat.

Vom Glauben getragen

Sehr nachdenklich wirkt Qatramizqalala, wenn man sich nach seiner Familie erkundigt. „Meine Eltern leben weiterhin in Aleppo“, berichtet Adel. Dann erzählt er von seinem Onkel, der Priester ist. „Er hat mir sehr viel beigebracht, auch was den Glauben angeht.“ Sein Glaube habe ihn durch die schlimmsten Stunden im Krieg hindurchgetragen. „Ich habe an das Licht gedacht und nicht an die Dunkelheit“, sagt er nüchtern und wirkt dabei von einer tiefen, starken Ruhe getragen.

Vermutlich kann niemand genau verstehen, was Überleben in Aleppo bedeutet, der diese Erfahrung nicht gemacht hat. Doch Adel strahlt seine christliche Grundüberzeugung auf inspirierende Weise aus. Von ihm lässt man sich gerne daran erinnern, wie heilsam ein fester Glaube sein kann. (Gabriele Riffert)