Ausstellung im Jüdischen Museum

"Bier ist der Wein dieses Landes"

Hermann Schülein war ein jüdischer Brauherr in München. Vor den Nazis flüchtete er nach New York und ließ dort Stars wie John Wayne oder Louis Armstrong sehr erfolgreich für sein Bier "Rheingold" werben. Das ist nur eine der faszinierenden Anekdoten, die die Ausstellung "Jüdische Braugeschichten" in München erzählt.

Bierdeckel von Brauereien und Zoigl-Wirtschaften mit dem Brauerstern, 1960-2015. (Bild: Sankt Michaelsbund/Schlaug) © Sankt Michaelsbund/Schlaug

München – Ein Satz, der zu Bayern passt: „Bier ist der Wein dieses Landes“. Ausstellungsmacher Bernhard Purin kennt ihn aus dem babylonischen Talmud. Darin wird die Geschichte eines Rabbiners erzählt, der in einer entlegenen Gegend aus Ermangelung an Wein notgedrungen auch das Bier segnet und dabei diesen Spruch tätigt. 2.500 Jahre ist diese Erzählung alt, so Kurator Purin. Hierzulande feiert das Bayerische Reinheitsgebot heuer immerhin seinen 500. Geburtstag. Das Jüdische Museum in München nimmt dieses Jubiläum zum Anlass, erstmals in einer Ausstellung Geschichte und Gegenwart des Biers in der jüdischen Tradition und Kultur zu beleuchten.

 

Die Ausstellung erzählt von Aberglaube und Verwechslungen, wenn sie der Frage nachgeht, was ein oberpfälzischer Zoigl als eines der mittelalterlichen Brauersymbole mit dem Davidstern zu tun hat. Der Zoigl („Anzeiger“) wird an einem Haus angebracht, um zu signalisieren, dass dort frisches Bier ausgeschenkt wird. Dieser Brauch hat sich bis heute in der Oberpfalz erhalten.

 

Welthandelsplatz Nürnberg

Anschaulich wird die im Spätmittelalter beginnende Geschichte der jüdischen Hopfenhändler beleuchtet: Ab dem späten 15. Jahrhundert entwickelte sich der bayerische Hopfenhandel zu einer eigenen Handelssparte, in der jüdische Händler bis zur Zeit des Nationalsozialismus eine führende Rolle spielten. Eine bedeutende Stellung nahm im 19. und frühen 20. Jahrhundert die Stadt Nürnberg ein, wo der Hopfenmarkt zu einem internationalen Welthandelsplatz wurde. Nur wenige der süddeutschen Hopfenhändler-Familien wie die Familien Fromm und Steiner kehrten trotz ihrer Erfahrung der Ausgrenzung und Verfolgung in der nationalsozialistischen Zeit nach 1945 zurück und setzten innovative Schritte in der Hopfenveredelung und dem Hopfenhandel.

 

Eine Veredelung ganz anderer Art wird in einem weiteren Kapitel der Ausstellung geschildert, nämlich die Bierkrugveredelung. Dieses Bemalen von Krügen sowie die Herstellung und Montage von Zinndeckeln war ein neues Gewerbe des späten 19. Jahrhunderts, das maßgeblich von jüdischen Zuwanderern nach München entwickelt und betrieben wurde. Die ursprünglich unverzierten Steinzeug-Bierkrüge wurden nunmehr bemalt, in neue Formen gebracht, später auch bedruckt oder mit Abziehbildern geschmückt und mit Zinndeckeln versehen. Der Erste Weltkrieg stellte für das Bierkrugveredelungsgewerbe einen tiefen Einschnitt dar und es wurde nur mehr in kleinerem Umfang bis in die 1930-er Jahre fortgeführt.

Hermann Schülein
Hermann Schülein, 1884-1970 (Bild: JMM)

Jüdische Brauherren

Einen Schwerpunkt der Ausstellung bilden die jüdischen Brauherren in München und Umgebung. Die freiherrliche Familie von Hirsch errichtete 1836 vor den Toren Münchens die Schlossbrauerei Planegg. Ihre industriellen und technischen Standards wiesen sie als modernste Brauerei ihrer Zeit in Bayern aus. Sie wurde zum Vorbild für jene Münchner Brauereien, die in den Folgejahren ihre beengten Betriebe in der Altstadt aufgaben und neue Brauanlagen in den Vororten errichteten.

1895 gründete der aus einer kleinen Landjudengemeinde in Mittelfranken stammende Josef Schülein die Unionsbrauerei Schülein & Cie., die rasch zu einer der großen Brauereien Münchens anwuchs. Er und sein Sohn Hermann fusionierten sie 1921 mit Löwenbräu, die zur bedeutendsten exportorientierten Brauerei Münchens wurde.

Miss Rheingold

Nach seinem von den Nationalsozialisten erzwungenen Rücktritt emigrierte Hermann Schülein 1936 in die USA, wo er seine erfolgreiche Laufbahn im Brauereigewerbe als Direktor der Liebmann Brewery in New York fortsetzte. Durch eine neue Rezeptur der Biermarke „Rheingold“ und innovative Werbemethoden wie die jährliche Wahl der „Miss Rheingold“ oder auch den Einsatz von Stars wie Louis Armstrong, Nat King Cole, Marlene Dietrich, Ella Fitzgerald oder John Wayne wurde sie zur erfolgreichsten Brauerei der amerikanischen Ostküste. Bis heute gelten Hermann Schüleins Werbestrategien im Bereich der Markenbildung und -pflege als vorbildhaft.

Abschließend widmet sich die Ausstellung der Bierkultur im heutigen Israel, die durch eine junge und vielfältige Craft-Beer-Szene überrasche. Eigens für die Ausstellung haben der Jerusalemer Herzl Beer Workshop und die Münchner CREW Republic gemeinsam ein Bier gebraut, den ersten deutsch- israelischen „Collaboration Brew“ überhaupt. Das Ergebnis sei ein bernsteinfarbenes Steam-Beer mit einer leicht hopfigen Note, das während der Dauer der Ausstellung im Café Exponat und in ausgewählten Münchner Lokalen erhältlich ist. (pm/ksc)

Die Ausstellung ist vom 13. April 2016 bis zum 8. Januar 2017 im Jüdischen Museum München, St-Jakobs-Platz 16, zu sehen. Weitere Informationen finden Sie hier.