Garmisch-Partenkirchen

Berührender Trauergottesdienst für Opfer des Zugunglücks

Eine gute Woche nach dem Zugunglück von Burgrain bei Garmisch-Partenkirchen mit fünf Toten haben bei einem Gottesdienst rund 300 Menschen der Opfer gedacht. Die Schneise des Unglücks wachse nur langsam zu, sagte der evangelische Regionalbischof Kopp, der zusammen mit Kardinal Marx die Trauerfeier leitete.

Fünf Kerzen wurden für die Verstorbenen vor dem Altar aufgestellt. © Kiderle

Garmisch-Partenkirchen – Ein schlichtes Holzkreuz liegt gebettet auf weißem Tüll auf den Altarstufen der Kirche Maria Himmelfahrt in Garmisch-Partenkirchen. Das Bukett von weißen Rosen stammt von der Marktgemeinde und wurde von Bürgermeisterin Elisabeth Koch als Schmuck mitgebracht; das Meer von Teelichtern haben die Besucherinnen und Besucher am Ende des Trauergottesdiensts am Samstagabend hingestellt. Die brennenden Kerzen sollen an die Opfer des Bahnunglücks von Burgrain erinnern, das am 3. Juni kurz nach 12 Uhr so jäh die beliebte Urlaubsregion erschüttert hat.

Wer von München über die Bundesstraße 2 in diese bei Touristen so beliebte Berggegend mit dem Auto fährt, wird selbst an diesem sonnigen Samstag mit dem Schrecken konfrontiert. Nicht nur die Zugspitze, Deutschlands höchster Gipfel, begrüßt einen, sondern auch einige der Waggons des verunglückten Zugs stehen nach wie vor an jener Stelle, wo sich das Unfassbare ereignete.

Auf einmal ist die Welt eine andere

Der evangelische Münchner Regionalbischof Christian Kopp greift diesen Anblick in seiner Ansprache auf. Auch er war kurz zuvor erneut daran vorbeigekommen: "Und sofort bin ich wieder ganz mitgenommen und verzweifelt." Aus heiterem Himmel könne einen das Leben richtig schrecklich erwischen und so etwas Sicheres wie ein Zug entgleisen. Auf einmal sei die Welt eine andere.

Ein 14-jähriger Junge werde nicht mehr erwachsen werden; zwei junge ukrainische Frauen, eben erst dem Krieg entflohen, seien ebenfalls gestorben und ihre Kinder nun Halbwaisen, ergänzt Kopp. Das Vaterunser wird deshalb später auch in ukrainischer Sprache gesungen und danach in Deutsch gesprochen. Eine 51-jährige Frau aus Wiesbaden verlor ihr Leben und eine 70-jährige Frau aus dem Münchner Landkreis. Alles abgerissene Leben, die große Lücken in den Familien hinterließen.

Kopp dürfte nur zu gut wissen, was das bedeutet: "Meine Familie und ich haben vor über einem Jahr unseren Sohn verloren. Er war Mitte 20. Wenn ich an diesen Tag denke, dann ist es, als wäre es gerade eben passiert."

Keine Antwort auf das "Warum?"

Natürlich wisse man, dass das Leben endlich sei, aber wenn es so "brutal" einschlage, bleibe die Frage nach dem Warum, ergänzt der katholische Münchner Kardinal Reinhard Marx. "Eine Antwort darauf werden wir nicht geben können", räumte er ein. Aber als Hoffnung bleibe, sich auf den Weg einzulassen, den Jesus gewiesen habe: "Wir stehen mit leeren Händen vor Gott, aber er erwartet uns mit seiner ganzen Fülle."

Im hinten in der Kirche ausliegenden Fürbittbuch haben sich in den vergangenen Tagen viele ihre Sorgen und Gedanken von der Seele geschrieben. So bittet eine Susanne Gott darum, dass dieser die Opfer des verheerenden Zugunglücks in seine "liebevollen Hände" nehmen möge und den Hinterbliebenen Kraft, Liebe und Zuversicht schenke. "Lieber Gott, behüte meine Familie", ist mehrfach zu lesen. Das Unglück hat die Leute aus der Ferienstimmung gerissen, das ist hier schwarz auf weiß zu lesen.

Dank an Rettungskräfte und Seelsorger

Trost spendet in solchen Ausnahmesituationen das vom Chor gesungene, berühmte Gebet von Dietrich Bonhoeffer "Von guten Mächten wunderbar geborgen". Innenminister Joachim Herrmann (CSU) spricht zum Schluss den Hinterbliebenen sein Beileid aus. Den in den Krankenhäusern liegenden Verletzten wünscht er, dass sie sich bald physisch und psychisch erholen mögen. Zugleich dankt er den gut 750 Rettungs- und Einsatzkräften sowie Notfallseelsorgern, die zumeist ehrenamtlich bis an die Grenze ihrer Leistungsfähigkeiten geholfen und noch Schlimmeres verhütet hätten.

Als das vom Organisten gespielte "Adagio" von Albinoni verklingt, bleiben einige noch in den Kirchenbänken sitzen und suchen das Gespräch mit Seelsorgern und Rettungskräften. Währenddessen geht in Partenkirchen das touristische Leben weiter. Am Souvenirstand hat eine Frau gerade eine Postkarte mit traumhaftem Bergpanorama aus dem Ständer genommen - Urlaubsgrüße für die Daheimgebliebenen. (Barbara Just/kna)