München/ Dachau –„Im therapeutischen Bereich passiert so viel nonverbal“, sagt Sven Frisch, und das geht am Telefon natürlich verloren. Der Suchttherapeut arbeitet momentan wie alle seine Kollegen von der Fachambulanz für junge Suchtkranke der Caritas München von zu Hause aus. Wegen Corona bleibt die Stelle in der Arnulfstraße für Publikumsverkehr geschlossen. Die Folgen der Pandemie treffen auch hier Menschen am Schlimmsten, denen es ohnehin nicht gut geht, denn der Kontakt zum Therapeuten ist essentiell für Suchtkranke.
„Vor allem kann man kaum Nuancen wahrnehmen“, sagt er. Klar, gebe die Stimme des Klienten da schon einiges her, aber ohne Blickkontakt herstellen zu können, ohne den Gesichtsausdruck des anderen zu sehen geht viel, was der der Therapeut sonst sieht, verloren. Videocall werden die Sache immerhin ein wenig verbessern, aber noch ist es nicht soweit. Der Datenschutz stellt die Caritas vor einige Hürden. Aus gutem Grund schließlich müssen die Gespräche unbedingt vertraulich bleiben.
Aktenordner im Park
Bei „pro familia“ ist man da bereits etwas weiter, berichtet Natascha Endres. Seit gut zwei Wochen kann sie die Paare, die sonst in ihrem Büro sitzen über einen Livestream sehen. „Das ist eine Notlösung“, sagt sie. Immerhin kann so eine Gesprächsstille, die ein wichtiges therapeutisches Instrument sein kann, entstehen. Am Telefon wäre das undenkbar.
Das Endres bereits Videoberatungen durchführen kann und Sven Frisch nicht, liegt am kirchlichen Datenschutz. Der ist nämlich nochmal deutlich strenger als der staatliche, wie Lena Steindl von der Schuldnerberatung der Caritas in Dachau weiß. Sie darf allerdings in Notfällen wieder Klienten empfangen – hinter einer Plexiglasscheibe versteht sich. In der Schuldnerberatung geht das einfach nicht anders, erklärt sie. „Am Telefon herauszufinden, welcher Brief wichtig ist und welcher nicht, ist einfach nicht möglich.“ Deshalb dürfen jetzt in dringenden Fällen Menschen die Hilfe suchen wieder zu ihr kommen und bringen dann ganze Aktenordner mit.