Whistleblower und Hochstapler

Benjamin Quaderer: Für immer die Alpen

Der erste umfassende Roman mit Schauplatz Liechtenstein. Ein Sohn des Landes hat das Fürstentum durch einen Datendiebstahl zur Ex-Steueroase gemacht. Ergebnis eines persönlichen Feldzugs im Namen der Gerechtigkeit. Nun erzählt er seine Geschichte. Ein turbulenter, ideenreicher und unterhaltender Debütroman des Vorarlbergers Benjamin Quaderer.

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Ein Mann lebt unter neuer Identität in einem Zeugenschutzprogramm. Der Grund: Er hat einen spektakulären Datendiebstahl begangen und damit die Existenzgrundlage seiner Heimat, des Fürstentums Liechtenstein als Steueroase zerstört. Fürst Hans-Adam II. persönlich gehört zu Johann Kaisers Verfolgern. Nun erzählt der Whistleblower und Nestbeschmutzer seine Geschichte.

Johanns Mutter verlässt die Familie – Für immer die Alpen? – für die Spanierin war das wohl auf Dauer nicht der Lebensplan. Der hilflose Vater steckt den Sohn ins Waisenhaus und dort fällt der aufgeweckte Junge der Landesmutter Fürstin Gina auf, sie wird für Johann zu einer Art Ersatz-Mutter. Mit 14 macht er sich aber auf dem Moped seines bis dahin besten Freundes auf die Suche nach seiner leiblichen Mutter in Barcelona. Diese Stadt erkennt er als seine Seelenheimat und er bleibt. Über einen Freund an der Schweizer Schule findet Johann oder Juan weitere Ersatzeltern mit den begüterten Geschäftsleuten  Renata und Carl Tobler. Kleiner Schönheitsfehler: Um mit den reichen Mitschülern mithalten zu können, gibt Johann sich als Spross der Unternehmersfamilie „Hilti“ aus, das sind die weltbekannten Bohrmaschinenhersteller aus Liechtenstein. Eine Hochstapelei, die nicht folgenlos bleibt, auch wenn es lange Zeit gut geht.

Benjamin Quaderer ist ein ideenreicher und pointierter Erzähler, keine Geschwätzigkeit, keine Überlängen. Er spielt mit der Form der Rechtfertigungsschrift, als die er den Roman ja tarnt. Da verweist er in Fußnoten auf Buchveröffentlichungen zum dem Fall, da sind in manchen Kapiteln bestimmte Namen geschwärzt, oder die eigentliche Geschichte wird in den Fußnoten weitererzählt.

Wer gerne Thriller liest, hier ist einer, der fast ohne Waffen und Gewalt auskommt, der dafür Psychologie und Unterhaltungswert hat. Okay, kein klassischer Thriller, ein bisschen Experimentierlust braucht man dafür. Banker, Juristen und Fürsten könnten sich angegriffen fühlen von dieser Geschichte –alle anderen könnten sie mögen -denn der Erzähler ist zwar ein Hochstapler aber ein charmanter Abenteurer, mit dem sich kurzweilige Lesestunden verbringen lassen.

 


Buchtipp

Benjamin Quaderer: Für immer die Alpen

Luchterhand, 592 S.

22 € inkl. MwSt.

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