Erzeugung im Kloster

Benediktinisch, bayerisch, gut

Hochwertige Erzeugnisse, kulinarische Schmankerl, einladende Natur. Kommen Sie mit auf einen spannenden Rundgang durch die klösterlichen Betriebe in Scheyern und holen sich Lust auf einen Besuch vor Ort.

© SMB/Burghardt

Scheyern – Ziegenfrischkäse und Starkbieressig, Welsfilet und Solarbier - man kann den Verantwortlichen im Kloster Scheyern nun wirklich nicht vorwerfen, an gastronomischer Ideenlosigkeit zu leiden oder ihren Gästen die immer gleiche Einheitskost vorzusetzen. Nein, die Benediktinerabtei am Rande der Hallertau - seit 901 Jahren ein Ort tiefer Spiritualität und mönchischer Gelehrsamkeit - präsentiert sich mittlerweile auch als moderner Erzeugerbetrieb, in dem sich Traditionelles und Experimentelles nicht ausschließen und die eine oder andere kulinarische Überraschung wartet.

Brauerei, Brennerei, Metzgerei, Gärtnerei, Forst- und Landwirtschaft, Teichwirtschaft und Viehhaltung, Käserei, Klosterschenke und Laden - die Welt der Scheyrer Klosterbetriebe, die rund um die berühmte Basilika mit der Kreuzreliquie angesiedelt sind, hat viele Gesichter. Manche von ihnen existieren seit alter Zeit - man denke an die Klosterbrauerei, eine der ältesten Brauereien weltweit -, andere sind ganz neu, wie die erst 2018 gegründete Hofkäserei.

Richtschnur des Handelns

Verantwortlich für sie alle ist Pater Lukas Wirth. Seit 20 Jahren übt er das Amt des Cellerars aus und ist damit für Verwaltung und Finanzen zuständig, wozu auch die klösterlichen Betriebe gehören. Eine anspruchsvolle Aufgabe, denn die Abtei ist auf tüchtiges Wirtschaften angewiesen, um neben Lebenshaltungskosten und Instandhaltung der Gebäude auch ihre vielen sozialen, kulturellen und seelsorglichen Aktivitäten finanzierenzu können. Auch die Verantwortung für über 80 Angestellte gebietet, nicht völlig losgelöst von den Erfordernissen des Marktes zu agieren.

Dennoch ist eine tiefere Philosophie Richtschnur des Handelns, wie im Gespräch mit Pater Lukas schnell deutlich wird. Er verfolgt einen ganzheitlichen Ansatz, der über reines Rentabilitätsdenken hinausgeht. "Wir haben eine ökologische Verantwortung und orientieren uns am Prinzip der Nachhaltigkeit", erklärt der Cellerar, der seine Arbeit auch als Ausdruck benediktinischer Spiritualität verstanden wissen will. "Woanders geht es um Machbarkeit und Wirtschaftlichkeit - hier bei uns steht die Verträglichkeit im Vordergrund." Und er zitiert aus der Regel des heiligen Benedikt: "Alle Geräte und den ganzen Besitz des Klosters betrachte der Cellerar als heiliges Altargerät." Damit nun genug der Vorrede - auf geht's zu einem Rundgang durch die klösterlichen Betriebe!

Spezialitäten aus der Klostermetzgerei

Wir starten in der Metzgerei. Hier findet der Kunde das, was er erwartet, und dazu noch einiges, mit dem er nicht gerechnet hat. Bei Klassikern wie dem Schweinefilet, der Lammkeule, dem Rindersteak oder einer bunten Palette von Wurstwaren würden noch die meisten anderen Metzgereien mitgehen. Doch die Scheyrer Klostermetzgerei, die neben dem Stammhaus auch in zwei Filialen in Pfaffenhofen und Gerolsbach vertreten ist, hat noch einige Trümpfe in der Hinterhand: Rehfleisch von Wild aus dem eigenen Klosterforst, eine selbst kreierte Ziegensalami, Käsespezialitäten aus der eigenen Käserei, im Winter Fisch aus der eigenen Teichzucht, Kartoffeln aus eigenem ökologischen Anbau, Bio-Eier - die Liste ließe sich noch fortsetzen.

"In unserer Metzgerei ist nicht alles bio", verrät Pater Lukas, dem es weniger auf den Effekt eines öffentlichkeitswirksamen Labels, sondern auf die tatsächlichen Bedingungen der Erzeugung vor Ort ankommt: Tiere aus eigener Züchtung, artgerechte Haltung, hauseigene, bedarfsorientierte Schlachtung und hauseigener Verkauf - das garantiert höchste Qualität und Frische. Frisch sind auch die Weißwürste, die täglich frühmorgens hergestellt werden und durchaus auch mal mittags ausverkauft sein können. "Manchmal geht ein Produkt aus, aber der Kunde weiß, er bekommt immer etwas Frisches, er bekommt Qualität", sagt der Cellerar.

Immer wieder individuell auf die Nachfrage schauen und tageszeitliche oder saisonale Engpässe in Kauf nehmen - das sei eben der Unterschied zur industriellen Massenproduktion. Dabei räumt Pater Lukas ein, dass er sich gar nicht immer so sicher sei, ob die Kunden wirklich wertschätzen, wieviel Arbeit und Herzblut in einem Produkt stecken. Noch immer, beklagt er, gebe es viel zu viele, die aus Bequemlichkeit Fleisch beim Discounter kaufen und sich dann auch noch rühmen, wie wenig sie dafür bezahlt hätten. Gedanken, die nachdenklich stimmen und dazu einladen, in der Klostermetzgerei Scheyern umso bewusster einzukaufen.

Gebraut und gebrannt

Die beste Ergänzung zu feiner Speis ist ein guter Trank – und den gibt’s gleich nebenan, wo gebraut und gebrannt wird. Bereits seit 1119 ist die Scheyrer Braukunst belegt, doch mit knapp 8.000 Hektolitern im Jahr zählt die Brauerei zu den kleineren Biermanufakturen und ist eine von ganz wenigen Klosterbrauereien, die noch selbst von den Ordensleuten betrieben und geführt werden. Kenner wissen: Das Brauen ist eine minimalistische Kunst, die durch das Reinheitsgebot auf die Zutaten Wasser, Hopfen, Hefe und Malz festgelegt ist, wobei kleinste Nuancen den Unterschied ausmachen können. Auch hier ist Qualität das Scheyrer Credo: Gebraut mit Wasser aus dem Klosterbrunnen und mit Hopfen aus Anbau auf eigenen Flächen, genügen die Biere höchsten Ansprüchen.

Wer mag, nimmt sich im Kloster-Getränkemarkt ein kleines Sortiment zur privaten Verkostung mit – die Palette umfasst ein gutes Dutzend Biersorten, die teils ganzjährig, teils saisonal erhältlich sind: vom Pils bis zum klassischen Hellen, vom Weißbier bis zum experimentellen Craftbier, vom Dunklen bis zum wuchtigen Doppelbock. An dieser Stelle sei auch das eingangs angedeutete Geheimnis des Solarbiers gelüftet: Die Scheyrer Biere firmieren unter dieser Bezeichnung, da sie
ohne Einsatz fossiler Brennstoffe hergestellt sind.

Seit 2008 verlassen auch feine Klosterbrände die historischen Mauern des Brauhauses. Woher die dafür verwendeten Zwetschgen, Kirschen und Äpfel stammen? Natürlich aus eigenem Anbau! Von Frater Matthäus in den Obstgärten des Klosters geerntet, verleihen die sonnengereiften und handverlesenen Früchte dem hochprozentigen Tropfen ein ganz besonderes Aroma. Doch Maß halten! Mehr als ein Stamperl muss es bei so viel Geschmack gar nicht sein ...

Gemüse und Fisch

Unser Streifzug führt uns nun ein Stück weiter zur Klostergärtnerei. Sie versorgt die Klosterküche seit jeher mit Gemüse, bringt aber mittlerweile so hohe Erträge, dass auch ein eigener Laden betrieben werden kann. Dort kann man sich mit frischen Tomaten, Gurken, Salatköpfen und Paprika eindecken.

Sodann schlendern wir westwärts zu den Klosterweihern hinab, die bereits im Mittelalter künstlich angelegt wurden, um Möglichkeiten zur Karpfenzucht zu schaffen. Pater Lukas erzählt, dass es gar nicht so lange her sei, dass die Karpfen noch als Futter an den Tierpark verkauft wurden. „Dann hatten wir die Idee, im Winter einen Fischstand am Kloster zu eröffnen, und haben das in der Zeitung bekannt gemacht. Die Kunden waren begeistert und haben gesagt: ‚Endlich bekomme ich einen regionalen Fisch!‘“ Heute tummeln sich in den Teichen auch Hechte, Welse, Störe, Zander und Forellen, die in den Wintermonaten auf Vorbestellung über die Klostermetzgerei erhältlich sind. Letztlich profitiert die ganze Region von dieser naturnahen und alten klösterlichen Tradition der Fischzucht.

Idyllische Umgebung

Gleich hinter den Weihern erreichen wir den Gebäudekomplex des Prielhofs, der als Gutshof das Herzstück der klösterlichen Landwirtschaft darstellt. Seit 2016 wird der vormals zu Forschungszwecken verpachtete Betrieb wieder in eigener Regie geführt und ökologisch bewirtschaftet. Mehrere hundert Legehennen und Masthähnchen führen auf den Grünflächen rundherum ein glückliches Leben. Auch Pinzgauer Rinder weiden auf dem klösterlichen Grünland, und die rund 200 Thüringer Waldziegen sorgen mit ihrer Milch für den wertvollen Rohstoff, der dann in der Käserei zu geschmackvollen Frisch- und Hartkäsesorten verarbeitet wird.

Im Hofladen nebenan kann man ab Mitte September, wenn die Ziegen aus ihrem Sommerurlaub auf der klösterlichen Alm in den Bayerischen Alpen zurückgekehrt sind, den fertigen Käse kaufen, dazu gibt’s auch Eiernudeln in Bio-Qualität und weitere Schmankerl aus eigener Produktion. Am besten, man nimmt den Prielhof und die ganze idyllische Umgebung im Zuge einer kleinen Wanderung in Augenschein, wofür sich die Wanderrouten des „Panoramawegs“ und des „Benediktuswegs“ empfehlen, die beide am Kloster beginnen, jeweils gut sechs Kilometer lang sind und sich auch zu einer gut neun Kilometer langen Runde kombinieren lassen.

Über Generationen erhalten

Der Benediktusweg – benannt nach Benedikt XVI., der vor seiner Zeit als Papst im Zuge vieler Scheyern-Besuche immer wieder dort spazierenging – führt übrigens auch in den Klosterforst, den die Abtei nach den Grundsätzen des standortgerechten Waldbaus bewirtschaftet. Dabei werden nie ganze Parzellen abgeholzt, sondern immer nur einzelne Bäume entnommen, sodass die gesamte Waldfläche von unterschiedlichen Baumarten und Altersstufen durchmischt wird und als gesunder, klimastabiler Forst über Generationen hinweg erhalten bleibt.

Pater Lukas erzählt in diesem Zusammenhang von einem Dokument aus dem Jahr 1627, das im Archiv des Klosters Scheyern gefunden worden sei und die Anweisung enthalte, in den Klosterwäldern nicht mehr Holz zu schlagen, als nachwachsen könne – ein früher Beleg für das Prinzip der Nachhaltigkeit.

Augen-und Gaumenzeuge

Nach unserem Rundgang schließt sich der Kreis wieder im Kloster. Wer mag, schaut noch im Klosterladen vorbei, wo ein buntes Sortiment an religiöser Literatur, Geschenkartikeln, Kerzen und Klosterprodukten zum Verkauf steht – darunter auch die traditionellen kleinen „Scheyrer Kreuze“, die durch Berührung mit der Originalreliquie gesegnet wurden. Warum dann nicht auch noch hinüber in die Klosterbasilika gehen? Es wäre schade, nach so vielen inspirierenden Sinneseindrücken nicht einen kleinen persönlichen „Erntedank“ zu sagen.

Bei der abschließenden Einkehr in der Klosterschenke kann man dann, um nur zwei Möglichkeiten zu nennen, mit einer deftigen Brauburschenbrotzeit und einer süffigen naturtrüben Halben vom Fass wieder zu Kräften kommen oder aber die goldbraunen Apfelkücherl im Zimt-Zucker-Mantel mit Vanilleeis und frischen Früchten verkosten. Spätestens beim ersten Bissen stellt sich ein tiefes Glücksgefühl ein. Mit der Welt versöhnt, wird man dann Augen-und Gaumenzeuge, wie benediktinische Spiritualität und bayerische Lebensfreude in einer alten Weisheit zusammenfinden: Es gibt nix Bessers wia was Guats! (job)

Der Redakteur
Joachim Burghardt
Münchner Kirchenzeitung
j.burghardt@michaelsbund.de