München - Ohne Bayern kann sich Peter Seewald Joseph Alois Ratzinger kaum vorstellen. Zu tief wurzelt der Jahrhunderttheologe und emeritierte Papst im Mutterboden seiner Heimat. Peter Seewald hat die maßgebliche Biografie über Benedikt XVI. geschrieben, ihn über viele Jahre hinweg oft tagelang interviewt. „Das Aufwachsen in dieser bayerischen Form des Katholizismus, das hat ihn geprägt“, erzählt der 67-jährige Autor und Journalist in der neuesten Folge des Podcasts „12 Momente aus 200 Jahren“.
Bayerisch geprägte Theologie
Diese Prägung sei auch in der Theologie Joseph Ratzingers zu spüren, „der sich immer als Anwalt der kleinen Leute“ und ihrer Frömmigkeit verstanden habe. „Er hat immer klar gesehen, dass der Kirche ihre ganzen Instituionen nichts nützen, wenn nicht die Menschen da sind, die sie tragen.“ Diesen einfachen Glauben wollte er „gegen die kalte Religion der Professoren verteidigen, obwohl er ja selbst Professor war“. Zu diesem Glauben gehört nicht nur der Verstand: „Dem bayerischen Stamm ist wohl gerade die Stärke der Emotion mitgegeben“, wie Joseph Ratzinger selbst formuliert hat. Seewald selbst hat immer wieder bemerkt, wie Gefühls- und Verstandestiefe bei Benedikt XVI. in einer typisch altbayerischen Mischung zusammentreffen: „Er kann ganz hoch ausgreifen, aber bei all seiner intellektuellen Klasse gibt es kaum einen Theologen, der so stark Gefühle ausdrückt, da braucht man nur in seine Texte hinein zu schauen.“