Kardinal Marx bei Jugendkorbinian:

Aufmerksam und hellwach gegen Unbarmherzigkeit

Mehrere Tausend jugendliche Christen, ein festlicher und kunterbunter Freisinger Dom und ein Kardinal, der in der aktuellen politischen Situation fest mit der Jugend rechnet, das ist die Jugendwallfahrt des Münchner Erzbistums.

© Kiderle SMB/Kiderle

Alle Jahre wieder kommen tausende Jugendliche auf den Freisinger Domberg, um gemeinsam mit Erzbischof Reinhard Kardinal Marx die Jugendkorbinianswallfahrt zu feiern. Heute war es wieder so weit. Zum 74. Mal waren die jungen Gläubigen auf den Spuren des heiligen Korbinians, dem Gründer des Erzbistums München und Freising, unterwegs. „Der Glaube des heiligen Korbinians drängte ihn aufzubrechen, Grenzen zu überwinden und Neuland zu betreten. Dabei blieb er nie stehen, er ruhte sich nicht aus, sondern blieb auf seinem Weg“, ermutigte Erzbischof Reinhard Kardinal Marx die jungen Menschen.

Neben der persönlichen Erlebnissen bei dem Großereignis möchten die Jugendlichen auch daran erinnern, wie die Korbinianswallfahrt eigentlich begann. 1942 traten drei junge Frauen um Mitternacht diesen Fußmarsch nach Freising an, um für Frieden zu beten und zusammen mit anderen Gläubigen den Namenstag ihres Patrons zu feiern. Inzwischen kommen die meisten der jungen Leute mit dem Zug, um auf dem Domberg Gleichgesinnte zu treffen und Impulse für den Glauben zu erhalten. Sechzig von ihnen nahmen aber noch den alten, beschwerlichen Weg auf sich und pilgerten zu Fuß von der Münchner Frauenkirche zum Freisinger Mariendom.

„Neben der Wallfahrt als Hauptattraktion warten natürlich noch viele weitere Angebote auf die Wallfahrer. In der Kulturnacht am Wallfahrts-Samstag mit großer Lichtershow im Dom oder auf dem „Markt der Möglichkeiten“ am Sonntag können sich die Jugendlichen untereinander austauschen“, verrät Maria Kunschert, die Projektleitern von Jugendkorbi. Dieses Jahr stand das Treffen unter dem Motto „Barmherz-Ich“ und bildete zugleich den Abschluss des Jahres der Barmherzigkeit. „Damit soll eine Brücke in den Alltag geschlagen werden. Dieses Wochenende soll noch einmal jeden einzelnen von uns in Zukunft zu Werken der Barmherzigkeit anspornen“, wünscht sich Kunschert.

Den Höhepunkt am Sonntagmorgen aber bildete der Gottesdienst mit Erzbischof Reinhard Kardinal Marx, der sich jedes Jahr sehr auf jeden einzelnen der jungen Gläubigen freut. „Das Leben des heiligen Korbinians ist voll mit Fragen, die auch uns heute beschäftigen. Das Leben in der Familie und unter Gleichaltrigen, Gerechtigkeit und Verantwortung gegenüber unseren Mitmenschen, die Entwicklung des eigenen Glaubens und zuletzt das Ringen mit Gott“, eröffnet der Erzbischof den Gottesdienst.

Was darf ich, was kann ich, was muss ich und was soll ich? – Fragen, die die meisten jungen Menschen beschäftigen. Jeder möchte up-to-date sein, ganz vorne mit dabei, immer am Zahn der Zeit. „Wir werden unser Leben jedoch nie in Gelassenheit und Freude verbringen können, wenn wir es nicht als Geschenk begreifen“, mahnt Kardinal Marx. Keiner soll glauben, dass er nicht berufen sei, jeder sei hineingenommen in die Barmherzigkeit Gottes, die uns aufstehen und handeln lässt. Unser kleines Ich sei hineingenommen in die große Liebe Gottes, von ihm bekämen wir Rückenwind, der uns den Druck der anderen und den Stress vergessen lässt.

Kardinal Marx griff dabei auch die aktuelle politische Situation auf. Die ganze Gesellschaft sei in Gefahr, in eine Richtung „der Kälte, der Lüge, der Aggression, des Besserwissens“ zu gehen. Das beginne „beim Reden übereinander: Das ist die Anfangsphase einer Kultur, die in eine Sackgasse führt, in den Hass, in die Abgrenzung“. Er sei besorgt über die Art und Weise, wie im Internet gesprochen werde, und darüber, „dass in Wahlkämpfen und Kampagnen gelogen wird, folgenlos!“ Der Erzbischof ermutigte die jungen Christen, hier Position zu beziehen: „Dagegen müsst ihr kämpfen, ihr seid jung! Ihr müsst euch auf den Weg machen, aufmerksam, hellwach, damit unser Miteinander nicht in eine Kultur der Unbarmherzigkeit abgleitet, sowohl in der politischen Welt als auch in eurem kleineren Umfeld.“

„Ihr habt es in der Hand, Gott macht euch groß, damit ihr überall in der Welt für andere eine Ermutigung sein könnt“, bestärkt Marx die vielen jungen Gläubigen und entlässt sie mit der Bitte: „Wir brauchen Menschen, die uns führen und sagen „steht auf und macht“, damit wir selbstbewusst werden und an uns glauben.“ Wir sollen sein wie Korbinian, der ein Mut-Macher war, vor Spannungen und Brüchen nicht ausgewichen ist, sondern auf Gott vertraute und sein Leben gelingend gestaltete. (Patrizia Hofmann)