Meinung
Der Tod in unserer Gesellschaft

Auf einmal ist er da

Für Katharina Heymann von der kjg ist der eigene Tod der am wenigsten präsente. Dennoch ist eine Auseinandersetzung mit dem Tod unausweichlich, schreibt sie in ihrem Kommentar.

Katharina Heymann ist Mitglied des katholischen Jugendverbands kjg München und Freising. (Bild: privat) © privat

Meine Generation ist mutig. Oder leichtfertig – je nach Perspektive. Wir reisen allein in fremde Länder, die gemeinhin als nicht sehr sicher gelten. In meinem Fall war es Indien: Ich und einige andere junge Frauen fürchten uns nicht, monatelang allein durch dieses Land zu ziehen, teilweise abgeschnitten von jeglicher Kommunikation, während unsere Mütter zu Hause Angst haben, wir würden vergewaltigt, entführt oder gar ermordet.

Doch damit nicht genug: Wir rauchen, wir laufen nachts alleine nach Hause, haben wechselnde Partner/-innen und tun viele Dinge, die Spaß machen, aber eben Risiken bergen, ohne dabei Angst um unser Wohlergehen oder gar unser Leben zu haben.

Kurz gesagt – der eigene Tod ist der am wenigsten präsente in meinem Leben. Das Thema „Tod“ entsteht nicht aus sich selbst heraus, es geht nicht um die Sorge, der Tod könnte mich plötzlich dahinraffen. Es ist ein Thema, das einem von außen aufgezwungen wird. Eines mit dem man sich plötzlich beschäftigen muss, nicht wenn man es möchte, sondern wenn es da ist.

Besonders wenn junge Menschen fortgerissen werden, wenn die Tante mit Mitte 40 an Krebs stirbt, der Schulkamerad von einem Zug erfasst wird oder der Freund einen schweren Unfall hat, gerät man ins Wanken. Und dann ist er auf einmal da, dieser Tod. Persönlich muss man sich damit auseinandersetzen, warum es so ungerechtes Leid auf dieser Welt gibt. Muss die gute, alte Theodizeefrage aufs Neue aufrollen und im eigenen Glauben wieder Fuß fassen, obwohl dieser, gerade in Zeiten der Trauer, so viel Halt gibt.

Durch das Erlebte stellen sich neue Fragen wie „Braucht man mit Anfang 20 eine Patienten/-innen-Verfügung?“ oder „Will ich Organspender/-in sein?“. Nicht nur persönliche Erfahrungen haben die Präsenz des Todes für mich gesteigert. Die aktuelle politische Situation hat einen vergleichbaren Effekt. Wenn der IS in Syrien Menschen hinrichtet und im Mittelmeer Tausende ertrinken, ist eine Auseinandersetzung mit dem Tod unausweichlich.