München – 1995 war der § 218 GG so geändert worden, dass eine Abtreibung straffrei bleibt, wenn die Frau sich vorher beraten lassen hat. Damals hatten beide Kirchen zahlreiche Beratungsstellen. Die Katholischen gehörten zum Sozialdienst katholischer Frauen SkF oder zur Caritas. Frauen, die unsicher waren, ob sie ihr Kind bekommen wollen, konnten sicher sein, dass ihnen dort alle Möglichkeiten aufgezeigt wurden. Die Regensburger Theologin Sabine Demel schrieb gerade ihre Habilitation, als der Papst „die Bischöfe eindringlich gebeten hat, in den ihnen zugeordneten Beratungsstellen keine Beratungsscheine mehr auszustellen, weil diesen Beratungsscheinen eine Zweideutigkeit anhaftet.“
Zum einen bestätigten sie eine Beratung zugunsten des ungeborenen Lebens. Andererseits verhelfen sie zur Straffreiheit bei einer Abtreibung. „Diese Zweideutigkeit sei für die Institution Kirche nicht tragbar, die eindeutig für das unbedingte Lebensrecht eintreten müsse, “ erinnert sich Demel. Für die Kirchenrechtlerin waren damals zwei Dinge klar: „Im Kirchenrecht gibt es einen Grundsatz: Wenn Rechte eingeschränkt werden, ist die enge Auslegung verpflichtend. Und das heißt: der genaue Wortlaut. Eine eindringliche Bitte ist keine Forderung.“ Und zweitens hatte Johannes Paul II. an die Bischöfe geschrieben. „Deswegen habe ich gesagt: Wenn die Bischöfe das aufgeben, können wir Laien das übernehmen.“
Menschen beistehen
Sabine Demel war 1999 Gründungsmitglied, heute ist sie Vorsitzende von donum vitae in Bayern. Ziel war und ist ein katholisch geprägtes Angebot, in dem die Beraterinnen versuchen, die Frau für das Leben mit dem Kind zu gewinnen, „ohne sie zu bevormunden, ohne sie zu be- oder verurteilen und ihr auch unserer Hilfe anzubieten, falls sie sich dennoch für eine Abtreibung entscheidet. Das ist ja genau das Katholische: Menschen weiterhin beizustehen, selbst wenn sie nicht unsere Werte teilen.“